Martin Luther: Auf den Spuren des Reformators in Thüringen

Von Lilo Hoffmann

Schloss Wilhelmsburg in Schmalkalden
Schloss Wilhelmsburg in Schmalkalden

„Heißen Sie Luther“, fragen wir die Frau, die am Sonntagmorgen durch Möhra, einem kleinen Ort im Thüringer Wald, geht. Sie sieht uns erstaunt an und lacht schließlich. „Nein, nein, antwortet sie, „ich heiße nicht Luther, aber es stimmt, es gibt hier noch etliche Leute, die so heißen.“ Wir sind unterwegs auf dem Lutherweg in Thüringen und haben gehört, dass Luthers Vorfahren väterlicherseits aus diesem Dorf kamen. Doch an diesem Morgen begegnen wir niemandem mehr, der seinen Namen trägt. Ein wenig Trost finden wir auf dem Kirchplatz, denn dort entdecken wir das 1861 feierlich eingeweihte Lutherdenkmal.
Thüringen bezeichnet sich selbst als Kernland der Reformation. Und in der Tat haben sich entscheidende Momente im Leben des Reformators Martin Luther in Thüringen abgespielt. Seine Eltern kamen aus dem bereits erwähnten Möhra und aus Eisenach. In Erfurt studierte Luther und war beeindruckt vom vielfältigen geistlichen Leben dieser mittelalterlichen Stadt. Später soll er einmal gesagt haben, dass er dort wichtige Impulse erhalten habe.
Vieles in Erfurt erinnert an den Reformator. Wer auf seinen Spuren wandelt, den führt der Weg als erstes zum Augustinerkloster, in das Luther 1505 eintrat, nachdem er die von seinen Eltern geplante berufliche Laufbahn als Jurist beendete. Wenige Wochen zuvor war er auf der Rückreise von einem Elternbesuch bei Stotternheim in ein schweres Gewitter geraten. Durch einen Blitz zu Tode erschreckt, rief er aus: „Hilf du, heilige Maria, ich will ein Mönch werden!“. An dieses Versprechen fühlte er sich gebunden.

Die Lutherzelle im Augustinerkloster
Die Lutherzelle im Augustinerkloster

Besucher des Augustinerklosters können hier die ständige Ausstellung „Bibel-Kloster-Luther“ besuchen, die über die Entstehungsgeschichte der Bibel und das Leben der Mönche berichtet. Wer die „Lutherzelle“ besichtigt – hier betete und arbeitete Luther“ – erhält einen Eindruck der damaligen Lebensumstände des späteren Reformators. Das Kloster ist seit 2004 ein anerkanntes Kulturdenkmal mittelalterlicher Ordensbaukunst und erhielt 2011 das Siegel „Europäisches Kulturerbe.“
Thüringen bereitet sich zurzeit auf das 500. Jubiläum der Reformation in zwei Jahren vor – und dies gilt nicht nur für die Luther-Orte. Schon jetzt kann der mehr als 1000 Kilometer lange Lutherweg, auf dem der Reformator einst durchs Land zog, in voller Länge erwandert werden. Abwechslungsreiche Landschaften und zahlreiche Begegnungen mit Luther erwarten den Wanderer auf dem Weg, der durch ganz Thüringen führt. Da ist zum Beispiel der Pfad zwischen Schmalkalden und Tambach-Dietharz. Auf diesem Abschnitt wurde Luther von einem Nierenleiden geplagt und trank einer Legende nach im Tammichgrund am heutigen „Lutherbrunnen“ reines Quellwasser, das ihn von dem Leiden heilte.

Im Luther-Gewand führt Reiner Bosecker Touristen zu Stätten, die eine zentrale Rolle im Leben des Reformators spielten.
Im Luther-Gewand führt Reiner Bosecker Touristen zu Stätten, die eine zentrale Rolle im Leben des Reformators spielten.

Bevor sich der Wanderer von Schmalkalden aus auf den Weg macht, kann er auch in der Stadt selbst zahlreiche Spuren Luthers entdecken. Hier predigte der Reformator und veröffentlichte seine als Schmalkaldische Artikel bekannt gewordenen Glaubensgrundsätze. Über dem historischen Stadtkern thront Schloss Wilhelmsburg. In diesem Kleinod unter Deutschlands Renaissanceschlössern entführt eine Dauerausstellung in die Zeit Martin Luthers, der Reformation und des Schmalkaldischen Bundes.
Eine weitere Station auf dem Lutherweg ist der Glasbachgrund bei Steinbach. Ein Denkmal erinnert hier daran, dass Luther 1521 von Beauftragten des Kurfürsten Friedrich des Weisen zum Schein gefangen genommen und anschließend auf die Wartburg bei Eisenach gebracht wurde.
In Eisenach hatte Luther schon seine Schulzeit verbracht. Es war eine Stadt, die er liebte. Nun übersetzte er als Junker Jörg verkleidet in seiner zehnmonatigen Schutzhaft auf der Wartburg das Neue Testament ins Deutsche. Und zwar auf eine Weise, die jedermann verstehen konnte.
Die Wartburg gehört inzwischen zum UNESCO-Welterbe. Doch in Eisenach gibt es noch viele weitere Spuren des Reformators. So wurde Ende September das Lutherhaus wiedereröffnet. In dem Fachwerkhaus aus dem 14. Jahrhundert soll Luther während seiner Schulzeit bei einer Patrizierfamilie gewohnt haben, der dieses Bürgerhaus gehörte. Unter anderem wird hier die Dauerausstellung „Luther und die Bibel“ gezeigt, die die Heilige Schrift von verschiedenen Seiten beleuchtet.

Weitere Infos: Tourist Information Thüringen, Willy-Brandt-Platz 1, Telefon: 0361 37420
www.thueringen-tourismus.de
Fotos: Lilo Hoffmann, Thüringen-Tourismus