Hamburg mit Kinderaugen betrachtet

Von Uta Buhr

Hamburg mit Kinderaugen gesehen

Ein intelligenter Führer durch die Hansestadt – nicht nur für Kinder

Es ist stets ein mutiges Unterfangen, Bücher für Kinder zu schreiben. Denn wie wir inzwischen alle wissen, ist gerade der Nachwuchs sehr kritisch, hinterfragt alles und lässt sich nicht mit einfachen Antworten abspeisen. Wer sich also an ein speziell für Kinder konzipiertes Buch herantraut, macht sich in unserer Gesellschaft sehr verdient.

Zwei Männer im besten Alter haben gerade einen Stadtführer herausgegeben, in dem sie Kindern Geschichte und Gegenwart der Hansestadt Hamburg auf eine ebenso informative wie lehrreiche Art nahebringen, ohne dabei jemals ins schulmeisterhaft Belehrende zu verfallen. Während Günter Strempel, Jahrgang 1953, Vater zweier Kinder und bereits Großvater, den Text erarbeitete, belebt der Grafiker Oliver Wilking das gerade 80 Seiten starke Buch mit zauberhaften Illustrationen.

Wer immer  sich mit diesem Buch auf Spurensuche in seinem „Hamburg“ begibt, wird viel Bekanntes erleben, aber auch Ecken kennenlernen, von denen er bislang noch nie gehört hatte. Es ist ja leider so, dass Einheimische über den Ort, in dem sie leben oder gar geboren wurden, viel weniger wissen als Touristen oder „Zugereiste.“

Nach einer kurzen Einführung wird die „große Stadt an der Elbe“ in allen ihren Facetten vorgestellt. Den Einstand bilden Hamburgs „Spitzen“. Gemeint sind die zahlreichen Kirchtürme der Hansestadt, zu denen  ja auch der Heinrich-Hertz-Turm, genannt der „Tele-Michel“, gehört. Und dann geht’s mitten hinein in die stolze, fast zwölfhundertjährige Geschichte Hamburgs, das sich von einer kleinen Siedlung auf unwegbarem Sumpfgelände in das Gemeinwesen entwickelte, das viele von uns heute als  den schönsten Flecken auf Erden  empfinden. Hand auf’s Herz, liebe Hanseaten, wussten Sie etwa, dass der Name Ihrer geliebten Stadt auf eine wehrhafte Zitadelle namens „Hammaburg“ zurückgeht, die irgendwann im 9. Jahrhundert von marodierenden Wikingern bis auf die Grundmauern niedergebrannt wurde? Oder welchem Umstand verdankt der „Dom“, auf dem sich dreimal im Jahr die Karussells drehen, sich eine Wurstbude, ein Schießstand an den anderen schmiegt, seinen Namen? Von dem  gotisch-romanischen Mariendom, der von den Hamburger „Pfeffersäcken“ im  19. Jahrhundert abgerissen wurde, weil  die Restaurierung ihnen nicht rentabel erschien (Anmerkung der Rezensentin), gibt es nur noch ein paar Zeichnungen. Oliver Wilking hat diesen imposanten Kirchenbau im Buch in seiner ganzen Schönheit zu neuem Leben erweckt.

Es versteht sich von selbst, dass der Hamburger Hafen mit allem, was zu ihm gehört – Elbtunnel, Containerhäfen, Schiffe jeder Art und Größe sowie alte und neue Kräne und anderes „Eqipment“  im Hafenbetrieb – eine große Rolle spielt. Besonderes Gefallen dürften Kinder auch an den didaktischen Ratespielen und humorvollen Fangfragen finden. Hier und da wird der junge Leser sogar aufgefordert, das Buch durch eine eigene Zeichnung oder ein Foto zu bereichern. Spielend unterwegs sind Autor und Grafiker mit ihren kleinen Spurensuchern in der faszinierenden Hafencity, die fast täglich ihr Gesicht verändert, am Elbstrand, in Hagenbecks Tierpark, den besten Erlebnisbädern, in Museen aller Art und auf verschiedenen Aussichtstürmen, die dem Betrachter einen großartigen Panoramablick auf Hamburg gestatten.

Das Umland der Stadt wird dabei keineswegs vernachlässigt. Denn gehören dazu nicht auch die Schwarzen Berge mit ihrem herrlichen Wildpark oder  der Schmetterlingsgarten in Friedrichsruh inzwischen zu Hamburg wie das Altonaer Museum mit seiner Vielfalt interessanter Exponate oder die ehrwürdige Kunsthalle, die ihrem jugendlichen Publikum sogar einen Kinderolymp bietet?

Und was wäre ein Buch über Hamburg, in welchem nicht die berühmtesten Hamburger Originale erscheinen, wie beispielsweise die Zitronenjette, Hummel, der Wasserträger, oder Aal-Harry am Fischmarkt? Selbstredend  wird an anderer Stelle des gefährlichsten Mannes gedacht, der die Hamburger jemals  heimsuchte. Die Rede ist von Klaus Störtebeker, der zwar ein „Quittsche“ (nicht aus Hamburg gebürtig) war, aber unauslöschliche Spuren in der Hansestadt hinterlassen hat. Sogar sein Schädel wird noch hier verwahrt!

Fazit: Der neue Hamburg-Führer eignet sich nicht nur für Kinder, sondern auch  für jung gebliebene  wissbegierige Erwachsene, die ihre Stadt einmal mit ganz anderen Augen betrachten und noch viel dazu lernen wollen. Lösen Sie zunächst einmal alle Rätsel und beantworten Sie sämtliche  Fragen im Buch. Wetten, dass Sie über manchen von ihnen  längere Zeit brüten werden! Besonders ansprechend ist die Seite 66, auf der es um die Zuordnung der Namen von sechs verschiedenen Schiffsarten geht. Viel Vergnügen bei dem kleinen Quizz.

 

Zum Schluss sei eine Anmerkung in eigener Sache erlaubt: Ich werde mein Rezensionsexemplar nicht verschenken, sondern behalten und mit Sicherheit einmal eine Stadtführung mit ihm unternehmen. Allen Lesern empfehle ich sowohl ein Exemplar für Kinder und Kindeskinder als auch für sich selbst. Ein wunderbares Weihnachtsgeschenk, das sich gut unter dem Tannenbaum macht. Ich wünsche viel Freude bei der Bescherung und garantiere glänzende Augen bei dem/den Beschenkten.

„Hamburg – Stadtführer für Kinder“ ist im Verlag Günter Strempel  erschienen, hat 80 Seiten und kostet €12.90

Es eignet sich für Kinder ab 6 Jahren und ist in jeder Buchhandlung erhältlich