Ausstellung über den Hofarchitekten Georg Ludwig Friedrich Laves, der einst die Residenzstadt Hannover veredelte

Arbeitszimmer des Hausherrn, Georg Graf von Wangenheim, im Palais von Wangenheim
(Residenzpalais an der Friedrichstraße). Praktisch alles, was auf dem Bild zu sehen ist, entstand nach Laves‘ Entwurf. Aquarell von Wilhelm Kretschmer, um 1850. (Privatbesitz)

Das Museum August Kestner in Hannover zeigt erstmalig Werke des klassizistischen Hofbaumeisters Georg Ludwig Friedrich Laves (1788-1864). Was die Wenigsten wissen, der Architekt prägte mit seinen Bauten nicht nur die Residenzstadt Hannover, sondern er richtete die von ihm gestalteten Gebäude auch ein. Das Interieur ist nun in Hannover ausgestellt. Es ist ein einzigartiger Gang durch den hannoverschen Klassizismus. Bürgertum, Adel und der königliche Hof ließen ihre Domizile nach den napoleonischen Befreiungskriegen durch Laves modernisieren oder neu erbauen. Die dazu passende Einrichtung lieferte der Hofarchitekt gleich mit.

Auf Spurensuche

Der Kunsthistoriker und Initiator der Laves-Ausstellung, Thomas Dann aus Detmold, ging auf Spurensuche und fand dabei den zeichnerischen Nachlass von Laves im Stadtarchiv Hannover. Auf dieser Grundlage konnte er Möbelstücke aus Laves‘ Entwurfswerkstatt ausfindig machen, welche noch häufig bei den Nachfahren der Familien stehen, die einst am königlichen Hof in Hannover eine Anstellung hatten. Das Museum August Kestner und Dann haben aus den Fundstücken und Leihgaben eine eindrucksvolle und vielseitige Ausstellung konzipiert. Zu sehen sind prunkvolle Sofas mit goldener Ornamentik, Kommoden mit Spiegeln, gesäumt von Säulen aus Mahagoni. Dem Betrachter fallen elegante Sessel ins Auge, die im Leineschloss wohl nur als Dekoration dienten und ausschließlich bei wichtigen Staatsempfängen genutzt wurden. Daneben befinden sich Möbelstücke aus dem ehemaligen Privathaus von Laves, die sich zum Teil noch heute im Eigentum seiner Nachfahren befinden. Mehr als 100 Originalmöbel konnte der Kunsthistoriker Dann während seiner langjährigen Recherche ausfindig machen.

40 Möbelstücke davon kann der Besucher der Ausstellung im Museum August Kestner noch bis zum 26. März 2023 in Hannover bewundern. Darunter befinden sich u.a. riesige Pfeilerspiegel mit zwei hohen Bibliotheksschränken und einem Esstisch, Mobiliar, das Laves für den Oberhofmarschall Georg Graf von Wangenheim entwarf und anfertigen ließ, nachdem er für ihn das Palais an der Friedrichstraße in Hannover errichtet hatte. Die sehr sehenswerte Ausstellung bietet einen wundervollen Ausstellungs- bzw. Katalogband: „Georg Ludwig Friedrich Laves (1788-1864) Raumkunst und Mobiliar“ von Dr. Thomas Dann.

Inspektor der königlichen Bauten in Kassel
Cour- bzw. Empfangssaal im Leineschloss von Hannover (heute beherbergt das Schloss den niedersächsischen Landtag) mit eleganten Stühlen, die von Laves entworfen wurden, Photographie von 1866. (Privatbesitz)

Laves wurde 1788 in Uslar geboren. Ein Onkel, Heinrich Christoph Jussow, war Architekt und leitete die Bauabteilung der Kunstakademie in Kassel, an der Laves von 1804 bis 1807 studierte. Ab 1807 war Laves an der Universität in Göttingen eingeschrieben. Hier besuchte er vornehmlich naturwissenschaftliche Vorlesungen. 1812 trat Laves eine Stelle bei der Bauverwaltung des Königreichs Westphalen in Kassel an. Noch unter König Jérômes wurde Laves zum Inspektor der königlichen Bauten in Kassel ernannt.

Aufstieg zum Hofbaumeister und Oberhofbaurat

Nach Napoleons Niederlage vermittelte Laves‘ Onkel Jussow dem jungen Architekt eine Stelle als Bauverwalter im neuen Königreich Hannover. Gleich zu Beginn seiner Karriere in Hannover finanzierte ihm der königliche Hof als Abschluss seiner Ausbildung eine Reise nach Italien und Frankreich, und Laves wurde 1816 in Hannover zum Hofbaumeister ernannt. Während seiner Tätigkeit führten ihn immer wieder Dienstreisen nach London, um für seine hannoverschen Bauprojekte Genehmigungen am englischen Hof einzuholen.
Nach Ende der Personalunion zwischen Großbritannien und Hannover ernannte ihn der neue König Ernst August von Hannover 1838 zum Oberhofbaurat. Die oberste Baubehörde in Hannover war nun das Oberhofmarschallamt, vertreten durch Georg Graf von Wangenheim. Für diesen erbaute Laves das bedeutende Wangenheimpalais im klassizistischen Stil, das später von der hannoverschen Krone erworben wurde. Das Palais dient heute als niedersächsisches Ministerium für Wirtschaft und Verkehr.

Ernennung zum Oberhofbaudirektor

Im Jahr 1852 wurde Laves zum Oberhofbaudirektor ernannt und somit stieg er zum führenden Architekten im Königreich Hannover auf. Er war als Hofbaumeister mit der Planung und Durchführung von Neu- und Umbauarbeiten an Schlössern in Hannover und im umliegenden Königreich betraut. Er war verantwortlich für Entwürfe zur Innendekoration und legte Zeichnungen für Wand-, Decken- Bodengestaltungen vor. Zudem übernahm er Aufträge von Adligen und Bürgern zu Neu- und Umbauten in und um Hannover. Laves‘ klassizistische Architekturauffassung geriet jedoch langsam außer Mode, so dass seine Mitarbeiter die hannoversche Architektur- und Raumkunstszene immer mehr beherrschten. Am 30. April 1864 starb Laves im Alter von 76 Jahren in Hannover.

Neben Karl Friedrich Schinkel (1781-1841) in Berlin, Leo von Klenze (1784-1864) in München und Carl Theodor Ottmer (1800-1843) in Braunschweig war Georg Ludwig Friedrich Laves einer der führenden Vertreter des deutschen Klassizismus.

Dieser Artikel erschien bereits in der Preußischen Allgemeinen Zeitung.

Museum August Kestner
Trammplatz 3
30159 Hannover
Tel.: 0511 – 168-42730
Öffnungszeiten:
Samstag – Freitag: 11 Uhr – 18 Uhr
Montag: Geschlossen
http://www.museum-august-kestner.de