Kristallklar – Vision trifft Wirklichkeit. Ein Besuch in der LIBESKINDVILLA

Von Josef Wilhelm Knoke

Libeskind-Villa

Werksanlagen der Hüttenindustrie sind nicht unbedingt für besondere ästhetische Reize bekannt. Warum sollte man also einer Einladung folgen, in den kleinen Ort Datteln im Münsterland fahren, und der Firma Rheinzink einen Besuch abzustatten? Des Rätsels Lösung liegt in der genialen Idee, die dort im letzten Jahr realisiert wurde.

Im Gespräch zwischen Ulrich Grillo, dem Vorstandsvorsitzenden der Grillo AG (Muttergesellschaft der Rheinzink), dem weltberühmten Architekt Daniel Libeskind und der Proportion GmbH aus Berlin war die Idee entstanden, moderne Architektur unter besonderer Berücksichtigung des Materials Zink zu schaffen. Libeskind erwies sich als offen dafür, wollte jedoch mehr schaffen: ein Bauwerk, welches räumlich, konstruktiv und ökologisch absolut einzigartig war und neue Maßstäbe im Bereich innovativen Bauens setzte. Am 29.09.2009 war es soweit. Nach nur sechs Monaten Bauzeit wurde das Gebäude der Öffentlichkeit präsentiert.

Herausgekommen ist ein futuristischer Baukörper, dessen Silhouette mit vielfach ineinander verschachtelten Kuben, gebrochenen Fassadenlinien und horizontal und vertikal schräg verlaufenden Flächen einen reizvollen Kontrast zur profanen Industriebauweise der benachbarten Werkshallen bildet. Es ähnelt in der Linienführung einem riesigen Kristall. Konzipiert ist das Bauwerk von Libeskind als Prototyp eines Wohnhauses für das 21. Jahrhundert. Konsequent bezeichnet er es daher auch als Villa. Insgesamt sollen 30 Stück hergestellt und weltweit vermarktet werden zu einem Preis von 3 Mio. Dollar, der allerdings auch schon eine hochwertige, maßgeschneiderte Einrichtung beinhaltet. Der Einsatz auf dem Werksgelände von Rheinzink als repräsentatives Empfangsgebäude, Meetingzentrum und Vorzeigeobjekt ist ein Kompromiss, da ein Wohnhaus auf dem Werksgelände nicht sinnvoll erschien. Die „Villa“ vereint nicht nur innovative Lösungen, was den Einsatz unterschiedlich behandelter Arten von Zink angeht, sondern auch neuesten Stand der Technik in Bezug auf Sanitär- und Elektroinstallation, Wärmedämmung und Energiegewinnung. Erreicht wurde KfW 40 Standard, das bedeutet einen Primärenergiebedarf von maximal 40 kWh/m² Gebäudenutzfläche, ein ausgezeichneter Wert. Beinahe 1500 Besucher hat die Villa in den vergangenen sechs Monaten bereits in ihren Bann gezogen. Doch, so faszinierend alle technischen und architektonischen Details sind, die Frank Neumann als verantwortlicher Betreuer des Projekts bei Rheinzink sehr anschaulich vermittelt: sich vorzustellen, in einem solchen Haus wohnen zu müssen ist nicht unbedingt eine Wunschvorstellung. Dazu bestimmen zu sehr die kompromisslos ästhetischen Vorstellungen Libeskinds  Form und Größe der Räume.

In einem Punkt hat er sich allerdings nicht durchsetzen können Seinen Wunsch, die Villa auf einem Hügel als Mittelpunkt des großen Parkplatzes zu errichten, allerdings unter Verzicht auf die bestehenden Parkplätze für die Belegschaft, musste die Geschäftleitung abschlägig bescheiden. So blieb der Parkplatz erhalten, was auch für interessierte Besucher von Vorteil ist. Man kann direkt bis vor die Villa fahren und sie in Augenschein nehmen. Wer also in der Nähe von Datteln zu tun hat: ein Umweg lohnt sich, nicht nur wegen des Gebäudes an sich, sondern auch wegen kultureller Aktivitäten dort.  So wird zum Beispiel ab Dezember 2010 dort eine große Immendorf Ausstellung zu sehen sein. Adresse: RHEINZINK GmbH & Co. KG, Bahnhofstr. 90, 45711 Datteln Weitere Informationen zu dem Projekt unter: http://www.folge-der-idee.de/Libeskind-Villa/