Helmut Thielicke, ein erfolgreicher protestantischer Theologe

von Dr. Manuel Ruoff

Bei einer Auflistung der erfolgreichsten protestantischen Theologen Nachkriegsdeutschlands darf sein Name nicht fehlen: Helmut Thielicke. Der am 4. Dezember 1908 in Barmen geborene Wissenschaftler und Prediger mit starker Medienpräsenz wusste Hörsäle wie Kirchen zu füllen – und stellte sich gegen den Zeitgeist. Nach dem verlorenen Zweiten Weltkrieg wandte er sich 1947 öffentlich in einer Karfreitagspredigt gegen eine „undifferenzierte Kollektivverdammung der Deutschen“ und protestierte ge­gen Ver­bre­chen unter dem Deck­­mantel der „Entnazifizierung“. Dreieinhalb Jahrzehnte später hielt er dem Weltkirchenrat den Spiegel vor, indem er ihm vorwarf, von einem „Repräsentanten der Kirche zu einem Polit-Club mit zunehmender Hörigkeit gegenüber marxistischen Programmen“ zu werden. Continue reading „Helmut Thielicke, ein erfolgreicher protestantischer Theologe“

Der Sieger von Tannenberg

Von Dr. Manuel Ruoff

Mit Władysław II. begann die polnisch-litauische Personalunion

Der Staat des Deutschen Ordens galt einst als unbesiegbar. Sowohl sein polnischer als auch sein litauischer Nachbar erwiesen sich ihm auf sich gestellt als unterlegen. Der schon damals in Polen starke Adel strebte deshalb ein Zusammengehen der beiden Nachbarn des Ordensstaates an. Hierzu zwang er seine Königin Hedwig, den litauischen Großfürsten Jogaila, den die Polen Jagiełło nennen, zu ehelichen, um so eine Personalunion zu begründen. Nach der Eheschließung wurde Jogaila am 4. März 1386 in Krakau als Włady­sław II. zum König gekrönt, eine polnisch-litauische Personalunion war hergestellt. Continue reading „Der Sieger von Tannenberg“

Militäringenieur Gustav von Rauch – letzter Vertreter der politischen Restauration

Von Dr. Manuel Ruoff

Als Kriegsminister führte er das Zündnadelgewehr ein

Grabmal auf dem Invalidenfriedhof in Berlin

Ein Spezifikum der Technik ist, dass es bei ihr unbestreitbar einen Fortschritt gibt. Als Ingenieur im weiteren Sinne selber Techniker, war sich Gustav von Rauch dieser Tatsache bewusst. Und als Kriegsminister führte er das im preußisch-österreichischen Kräftemessen von 1866 so wichtige neuartige Zündnadelgewehr ein.

Abgesehen vom Sonderfall Technik stand Rauch Neuem allerdings kritisch gegenüber. Der am 1. April 1774 in Braunschweig geborene Preuße gilt denn auch trotz der von ihm beförderten militärischen Modernisierung als letzter Vertreter der politischen Restauration. Continue reading „Militäringenieur Gustav von Rauch – letzter Vertreter der politischen Restauration“

Hans Böckler: Vater der Mitbestimmung

Von Dr. Manuel Ruoff

Mancher  Ältere wird den ersten Bundesvorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) als einen der Väter der Einheitsgewerkschaft in der Bundesrepublik Deutschland sowie der einst heiß umkämpften Mitbestimmung in der Montanindustrie kennen, mancher Jüngere hingegen als Namensgeber der Hans-Böckler-Stiftung, des Mitbestimmungs-, Forschungs- und Studienförderungswerkes des DGB. Hans Böckler stammte aus kleinsten Verhältnissen. Als sein Vater 1888 starb, musste der am 26. Februar 1875 im mittelfränkischen Trautskirchen bei Neustadt an der Aisch geborene Junge den Schulbesuch abbrechen, um als Gold- und Silberschläger für den Lebensunterhalt der sechsköpfigen Familie aufzukommen.

1894 wurde er Mitglied der SPD und des Deutschen Metallarbeiter-Verbandes. 1903 wurde die Gewerkschaftsarbeit sein Beruf. Bis zum Ende der Weimarer Republik stieg er bis zum Leiter des Bezirkes Rheinland und Westfalen-Lippe des SPD-nahen Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB) auf. Parallel engagierte er sich in der SPD, für die er ab 1924 in der Kölner Stadtverordnetenversammlung und ab 1928 im Reichstag saß. Continue reading „Hans Böckler: Vater der Mitbestimmung“

Gesetze, Gesetze, Gesetze

Von Johanna R.Wöhlke

WolfTek: Haushaltsloch, 2008

Im Bundesanzeiger Verlag erscheint eine monatliche Broschüre, der „Gesetzgebungskalender“. Er enthält die Änderungen des Bundesrechtes auf einen Blick. Auf einen Blick? Das bedeutet schauen, aber bedeutet es auch verstehen? Nein, das bedeutet es nicht, aber: Vielleicht sollten wir als Bürger uns einmal so einen aktuellen Kalender einfach nur vor Augen führen lassen. Was und woran arbeiten Volksvertreter und Regierung in Berlin?

Liebe Leser und Leserinnen, verstehen Sie die folgende aktuelle Aufzählung von Gesetzesvorhaben als das, was sie ist: den Versuch einer Balance zwischen Verstehen und Nichtverstehen in der Komplexität einer parlamentarischen Demokratie, den Versuch einer ernsthaften Balance zwischen Notwendigkeit und Überfluss, den Versuch einer ganz normalen Bürgerin, ihren Staat und ihre Gesellschaft in ihren Stärken und Schwächen wahrzunehmen. Ganz einfach. Ohne zu belehren, ohne zu kritisieren, ohne Besserwisserei. Continue reading „Gesetze, Gesetze, Gesetze“

Speer – eine Biographie

Versucht man, das Deutschland zwischen 1933 und 1945 zu verstehen, gerät das leicht zu einem kaum zu bewältigenden Unterfangen. Selbst 65 Jahre nach Ende der unseligen Nazizeit sind zwar die Basisfakten aufgearbeitet, dennoch bleiben nach der Lektüre jedes Buches über das 3. Reich Fragen offen. Joachim Fest hat mit seinem Buch Speer, erstmals erschienen 1999, einen wichtigen Mosaikstein zum Gesamtverständnis geliefert.

Albert Speer, der Architekt Hitlers und Planer seiner gigantomanischen Bauten, später als Rüstungsminister in politischer Verantwortung, passt so überhaupt nicht in die Einheitsgarde der Vasallen des Diktators. Eher zufällig nach der Machtergreifung 1933 in den Bannkreis Hitlers geraten, avancierte er – auch durch eigene Zielstrebigkeit und Erfolgshunger – sehr bald zu einem der engsten persönlichen Vertrauten des sonst scheinbar zu keinerlei persönlichen Beziehungen befähigten Hitler. Continue reading „Speer – eine Biographie“

Wirtschaftsrat unterstützt das Sparpaket der Bundesregierung

Von Johanna R. Wöhlke

Berlin. „Aufbruch aus der Krise – wachsen, konsolidieren, erneuern“ – unter dieses Motto hatte der Wirtschaftsrat der CDU seine diesjährige Tagung in Berlin gestellt. Die Anmeldungen überschritten alle Erwartungen: 2600 Besucher waren unterzubringen, über tausend mehr als im vergangenen Jahr. Die Tagungsräume des Hotels InterContinental-Hotel in der Budapester Straße in Berlin platzten aus allen Nähten – die Sitzenden in der Mitte des Plenums waren an den Rändern von stehenden Zuhörern umringt.

Angela Merkel und der Präsident des Wirtschaftsrates, Professor Kurt J. Lauk

Große Namen und große Gesten, um den Themen gerecht zu werden: die Bundeskanzlerin, die Minister der Finanzen, Wirtschaftlichen Zusammenarbeit und Entwicklung,  Verteidigung, der Präsident der World Bank Group, der Finanzminister Singapurs, Ministerpräsidenten und führende Vertreter der Wirtschaft. Continue reading „Wirtschaftsrat unterstützt das Sparpaket der Bundesregierung“

Brandloch an der Elbe

Gedanken zur Bücherverbrennung am historischen Ort

Vortrag von Dr. Reimer Eilers, VS Vorsitzender Hamburg, aus Anlass der Gedenkveranstaltung 2010 von Hamburger Autorenvereinigung und VS Verband der Schriftsteller zur Bücherverbrennung vom 10. Mai 1933

Der 15. Mai 1933 war in Hamburg ein für die Jahreszeit zu kühler Tag. Trotzdem versammelte sich am späteren Abend eine etwa tausendköpfige Menge erwartungsvoll auf den Wiesen des Kaiser-Friedrich-Ufers. Denn wie formulierte der Reporter des „Hamburger Anzeigers“ am nächsten Tag unnachahmlich zum Anlass: „Feuer zieht die Menschen an. Ob es ein Schadenfeuer ist, ein Freudenfeuer oder ein solches, wie es die Studenten Hamburgs gestern Abend am Kaiser-Friedrich-Ufer veranstalteten.“

So begann der Frühling der Nationalsozialisten: Allerorten brannten im Deutschen Reich am 1o. Mai des Jahres dreiunddreißig die Scheiterhaufen mit den Büchern deutscher Schriftsteller. Hamburg machte eine bloß scheinbare Ausnahme: Hier fand die Bücherverbrennung einige Tage später, am 15. Mai, eine Stunde vor Mitternacht statt. Das Feuer am Kaiser-Friedrich-Ufer, übermannshoch, zog seine Nahrung aus über zweitausend Büchern. Und die Studenten, von denen im „Hamburger Anzeiger“ pauschal die Rede war, stellten sich als Mitglieder des Stahlhelms, der Burschenschaften und des SA-Sturms 6/76 dar. Continue reading „Brandloch an der Elbe“

Klasse statt Masse: Thilo Sarrazin im Gespräch

Kommentar (Lettre International, 86, Berlin, 2009)
Eine Projektion ist eine Projektion ist eine Projektion

Die Einlassungen des Berliner Ex-Finanzsenators und Bundesbank-Vorstandsmitglieds Thilo Sarrazin (SPD) in Lettre International Nr. 86 zum Thema des Einflusses ethnischer und sozialer Minderheiten auf die sozioökonomischen Entwicklung der Hauptstadt lassen tief blicken – nur worein? In die Abgründe Berlins? Oder in die Abgründe der psychischen Konstitution von Herrn Sarrazin? Dieser begibt sich verwegen in die uralte Tradition des Minderheiten-Bashings und ignoriert souverän und ganz zeitgeistgemäß jegliche sozialwissenschaftliche Erkenntnisse über sozioökonomische und soziogeographische Zusammenhänge. Da hat wohl einer seinen Topos gefunden.
Die schwerwiegenden Versäumnisse der Ära Schmidt und der Ära Kohl beim Thema Integration werden von ihm nicht herangezogen, stattdessen macht er sich zum Handlanger des Polit-Chauvinismus und liefert eine Steilvorlage für populistische Edelfedern wie Franz-Josef Wagner (BILD-Zeitung, 5.10.2009). So – jetzt hat einer mal gesagt, was Sache ist! Damit bist du ganz weit vorn, Thilo!

Sarrazin, von manchen SPD-Parteifreunden intern wenig liebevoll „Alte Frau Sarrasani“ genannt, sollte seine Verantwortung als Bundesbank-Vorstandsmitglied ernster genommen haben. Direktor statt Clown wäre angesagt gewesen. Aber es zeigt sich wieder einmal: Zirkus liegt ihm generell nicht fern. Einmal Zirkusluft geschnuppert, wirst du süchtig. Und warum auch nicht? Hauptsache mal kernig sein, Thilo! Vielleicht kommt man dann auch zu Beckmann.
Wären Sarrazins Entgleisungen die Worte des Innenministers eines totalitären Staates gewesen, niemand hätte sich gewundert über solch eindimensionale Invektiven. Aber manche Vorstands- und Senatoren-Büros haben mit Wärmestuben vielleicht mehr gemeinsam als auf den ersten Blick zu vermuten wäre. Die Unproduktivität der Anderen wird insbesondere von jenen gerne anvisiert, die Kimme und Korn verwechseln. Schlecht nur, wenn der Schuss dann los geht. Aber so ist das eben mit Projektionen. Wer herum wurschtelt, wurschtelt herum. Wer konstruktiv handelt, handelt konstruktiv. Letzteres tut Sarrazin jedenfalls nicht.
Spätestens jetzt sollte Sarrazins Karriere beendet sein. Bedauerlich, dass auch dieser Abgang noch vergoldet werden wird. Womöglich reüssiert Sarrazin aber auch noch einmal. Vielleicht bietet SAT1 ihm und Eva Hermann ein gemeinsames Talk-Show-Format an, in dem Lady Gaga als Dauer-Stargast etwas vom „Pokerface“ keuchen darf. Da wäre das Triumvirat des guten Geschmacks dann vollständig.

Wieder zusammen

Von Dr. László Kova
EU- Beitritt von Estland und Ungarn


Prof. Dr. Helmut Greve,                                            Dr.Ulf Lange, Honorarkonsul                                    Honorargeneralkonsul der Republik Ungarn                            der Republik Estland

Ihre Sprachen klingen ähnlich, stellt jeder fest, der einen Ungar und einen Esten sprechen hört. Das ist kein Wunder, denn sie lebten in enger Nachbarschaft miteinander ( auch mit den Finnen) am Wolga-Knie, gehören zu der selben Sprachfamilie. Ihre Wege trennten sich jedoch in der Geschichte (ca. um 8. Jahrhundert v.u.Z.): Die Esten wanderten nach Norden, die Ungarn nach Südwesten. Continue reading „Wieder zusammen“

Zu Gast bei …

Von Manuel Ruoff

Fünf Mitglieder der Auswärtigen Presse haben die Ihnen von der Hamburger Journalistenvereinigung gebotene Möglichkeit genutzt, am 27. und 28. April als Gast des Hamburger FDP-Abgeordneten Burckhardt Müller-Sönksen an einer Gruppenreise in die Bundeshauptstadt teilzunehmen. Die Reise, an der insgesamt rund 40 Personen teilnahmen, hatte ein strammes Programm und war – wie bei solchen Veranstaltungen üblich – vom Presse- und Informationsamt der Bundesregierung routiniert und professionell durchorganisiert.
Die Betreuung setzte bereits am Hamburger Bahnhof Dammtor ein, denn eine Mitarbeiterin des Abgeordneten begleitete die Gruppe vom Anfang bis zum Schluß. In Berlin kam als zusätzliche Betreuerin vor Ort eine Mitarbeiterin des Bundespresseamtes hinzu.
Hervorzuheben aus der Gruppe sind drei Damen, die mit ihrem Lebensalter den Durchschnitt beträchtlich senkten. Es handelte sich um die kleine Tochter Müller-Sönksens, die mit zwei Schulkameradinnen den sogenannten Girls’ Day nutzte, um dem Vater über die Schulter zu schauen und wenigstens am ersten Teil des Besuchsprogramms teilzunehmen.
 Thomas-Dehler-HausVom Bahnhof Zoo, dem Ankunftsbahnhof in Berlin, ging es direkt mit dem der Gruppe die zwei Tage über zur Verfügung stehenden Doppeldecker zum Thomas-Dehler-Haus, einem unweit des Bundestages in einer Häuserreihe der Reinhardtstraße integrierten Altbau, der neben diversen parteieigenen Unternehmen vor allem die Bundeszentrale der FDP beherbergt. Wer die Parteizentrale der CDU oder SPD kennt, mag überrascht gewesen sein, wie vergleichsweise klein die FDP-Zentrale ist.
Durch verwinkelte, schmale Gänge ging es in einen kleinen Vortragsraum, wo ein Referent die Geschichte des Altbaus, die wichtigsten Funktionen des Namensgebers Thomas Dehler sowie last but not least die Gliederung und den organisatorischen Aufbau der Bundesgeschäftsstelle, der Spitzengremien und der Mitgliedschaft der Partei vorstellte. Continue reading „Zu Gast bei …“