
Foto: Gontran Peer
Unsere Gegenwart ist die Zeit der geistig-seelischen Wende, für jeden von uns daher auch lebensentscheidend. Die Spiritualität findet im Alltag und im Leben jedes einzelnen Menschen jene Aufmerksamkeit, die diese Welt ins Positive verändern wird.
Das wahre Leben kennt nur Gegenwart, Harmonie, Licht, Liebe, Glückseligkeit, Wahrheit und Unschuld. Das wissen wir Menschen – egal, wo wir uns auf diesem Planeten befinden. Wir Menschen haben all das sogar in unseren Seelen gespeichert, wollen es allerdings nicht immer oder nur teilweise wahrnehmen und wahrhaben und vor allem nicht in die Tat umsetzen.
Deshalb sollte es wieder zur prioritären Aufgabe aller Kunstbereiche werden, Hilfe zu leisten und die Menschen auf die spirituellen Werte des Lebens hinzuweisen. Demzufolge spricht sich jetzt der Urheber dieses Manifests ganz klar für das Ikigai als Ziel eines kollektiven Glücks aus.
Eine japanische Lebensphilosophie
Das Ikigai ist eine japanische Lebensphilosophie, und Ziel des Autors dieses Manifests ist es, auch für die deutschsprachige Lyrik den japanischen Namen IKIGAI zu übernehmen.
Ikigai ist ein japanisches Wort und bedeutet auf Deutsch so viel wie Lebenssinn, Freude oder Wert des Lebens. “Iki” bedeutet Leben und “gai” Wert. Ikigai ist auch bewusste Wahrnehmung sowie Selbstfindung und Selbstverwirklichung jenes Wesens, das man selbst ist.
Im Wort Ikigai ist schon alles enthalten, wonach der Mensch streben und auch suchen sollte: das eigene und das kollektive Glück.
Die Suche nach dem Ikigai ist ein Prozess innerhalb einer Vielfalt von Existenzen.
Die Ikigai Lebensphilosophie will sich jetzt ganz sicher nicht zufällig im deutschen Sprachraum verbreiten, sondern aus der bereits genannten spirituellen Notwendigkeit des einundzwanzigsten Jahrhunderts heraus.
Das Ikigai will sich als literarische, aber noch mehr als spirituelle Strömung der japa- nischen Kurzlyrik in deutscher Sprache durchsetzen. Es ist deshalb also nicht nur eine lyrische Gattung oder Form, sondern eine Lebenseinstellung, ein Lebensweg und ein Lebensauftrag, welche sich einiger japanischen Kurzlyrikformen und Kurzlyrikgattungen bedienen.
Das Ikigai bezieht sich vor allem auf die japanischen Lyrikformen und Gattungen wie Haiku, Senryu, Haibun, Haiga und Tanka, die im deutschen Sprachraum seit dem zwanzigsten Jahrhundert – sei es in japanischer Sprache als Original, als auch in deutscher Sprache als Übersetzung oder als Neuschaffung – in Erscheinung treten.
Ikigai ist nichts Geringeres als das allumfassende essenzielle Thema, um welches sich das ganze Leben dreht.
Ikigai ist also ein Sammelbegriff. Alle in diesem literarischen Manifest genannten japanischen Lyrikgattungen und Formen in deutscher Sprache dienen dem Ziel des kollektiven Glücks und werden hier deshalb als Ikigai bezeichnet.
Alles ist und hat Ikigai
Der Verfasser des Manifests will sogar von der grundlegenden Erkenntnis ausgehen: Alles ist und hat Ikigai, und jeder ist und hat Ikigai.
Die deutschsprachige Ikigai Kurzlyrik nach japanischem Vorbild will nach dem Wert des Lebens, also nach dem kollektiven Glück suchen und in diesem Zusammenhang und Kontext an die japanische literarische Blütezeit in der Edo-Periode anknüpfen.
Religionen, Philosophien und Denkweisen wie Shintoismus, Taoismus, Konfuzismus, Buddhismus und vor allem Zen-Buddhismus sollen das deutschsprachige Ikigai unterstützen.
Die deutschsprachigen lyrischen Ikigai Dichtungen nach japanischem Vorbild sind einerseits ausgesprochen der japanischen Tradition verpflichtet, andererseits aber auch der japanischen Moderne.
Da für jeden Ikigai-Dichter der Ausgangspunkt seiner Lyrik seine gegenwärtig geistig-seelische Ebene ist und das Ikigai sein sich gesetztes Ziel, darf die deutsch-sprachige Ikigai Dichtung nicht als spirituell vollkommenes Werk verstanden werden.

Foto: Gontran Peer
Dem Ikigai-Dichter muss es darum gehen, dass die Natur, die Umwelt sowie die Mitmenschen an seinem Alltag sowie an seinem inneren Leben vollkommen teilhaben können – um zu erreichen, dass er in einem immer umfassenderen Bewusstseinzustand die Freiheit des Geistes, also das Glück schrittweise für sich findet und es dann anderen Menschen weitergeben kann.
Der verantwortungsvolle Auftrag sowie die besondere, große Aufgabe des Ikigai-Dichters besteht darin, seine Leser sowie Zuhörer durch seine Lyrik schrittweise zum geistig-seelischen Glück zu verhelfen.
Das ist die Gegenwart, das ist die Wende. Es lebe hoch die Gegenwart – und hoch lebe die Wende!
Ebenda im einundzwanzigsten Jahr des einundzwanzigsten Jahrhunderts

Im Jahre 1920 weilt der damals fast 37-jährige Franz Kafka von April bis Ende Juni in der Kurstadt Meran, um näheres über seine Tuberkulose zu erfahren. In dieser Zeit beginnt der Schriftsteller auch einen Briefaustausch mit der beinah 24-jährigen Milena Jesenská, seiner Übersetzerin und Geliebten. Eine kleine Sonderausstellung gibt es dazu seit dem 29. Mai 2020 in einigen restaurierten Räumen des Touriseums im schönen Schloss Trauthmannsdorf, bekannt wegen seiner wunderbaren Gärten.
Dessen Aufenthalt in Meran ist schon durch seine Korrespondenz belegbar. In einem Brief an Milena Jesenká vermerkt Kafka aus Meran-Untermais, wo er offenbar in der Pension Ottoburg logierte, Folgendes: “Liebe Frau Milena, von Prag schrieb ich Ihnen einen Zettel und dann von Meran. Antwort bekam ich keine.” Ein weiterer Brief des Schriftstellers an Milena Jessenská bekundet in seiner Frage am Ende vielleicht sogar etwas Sehnsucht: “Ist es schön bei Ihnen zuhause?” Und wieder deutet Kafka daraufhin, dass er in Meran-Untermais, Pension Ottoburg wohnt. Mehr über seine Eindrücke in Meran erzählt der Schriftsteller ausdrücklich in einem Absatz eines anderen Briefes: ”Ich lebe hier recht gut, mehr Sorgfalt könnte der sterbliche Leib kaum ertragen, der Balkon meines Zimmers ist in einen Garten eingesenkt, umwachsen, überwachsen von blühenden Sträuchern (merkwürdig ist die Vegetation hier, bei einem Wetter, bei dem in Prag fast die Pfützen gefrieren, öffnen sich vor meinem Balkon langsam die Blüten), dabei voll der Sonne ausgesetzt (oder allerdings den tiefbewölkten Himmel, wie seit fast einer Woche schon), Eidechsen und Vögel, ungleiche Paare, besuchen mich: Ich würde Ihnen Meran so sehr gönnen, Sie schrieben letzthin einmal vom Nicht-atmen-können, Bild und Sinn sind darin sehr nah und beides mag hier ein wenig leichter werden.” In den nächsten “Briefen an Milena” steht über Meran dann nichts Genaueres mehr. Das Verhältnis zwischen Franz Kafka und Milena Jessenská soll auch etwas schwierig gewesen sein.
Die ganze Ausstellung, die eigentlich der Geschichte sowie touristischen Entwicklung der Stadt Meran und Südtirols gewidmet ist, hat im Grunde genommen über den Aufenthalt Franz Kafkas in der in Südtirol sogenannten Passerstadt (die Passer ist der Fluss, der aus dem Passeiertal kommt und auch Meran durchfließt, deshalb nennt man Meran die Passerstadt) außer dem Dutzend Briefe, vielleicht ein paar mehr, sonst wenig anzubieten. Es gibt nur noch einige historische Fotos, auf denen zum Beispiel auch die inzwischen nicht mehr existierende Pension Ottoburg abgebildet ist.