Von Hans-Peter Kurr
Im Maritim-Hotel Reichshof heult der Hund von Baskerville
Seit der Übernahme des renommierten Hamburger Hotels „Reichshof“ durch die Maritim-Kette wurden der atmosphärereiche Speisesaal und die heimelige Bar offenbar nicht wesentlich verändert. Aus diesem Grund können sie sehr gut als Kulisse für unterschiedliche Performances genutzt werden. Diese Situation hat schon die Intendanz des benachbarten Schauspielhauses zu mehreren Gastspielen dortselbst veranlaßt. Gegenwärtig allerdings kann man dort neben kulinarischen Köstlichen, zubereitet von Küchenchef Stefan Hopf und seiner Mannschaft, allsonntäglich das Geheule und Gejaule des Hundes von Baskerville erleben, dessen von Sir Arthur Conan Doyle phantasiereich erfundene Geschichte vom krimitrainierten Ensemble des Imperial-Theaters auf sehr gutem schauspielerischen Niveau professionell dargestellt wird, so daß den unterhaltungsfreudigen Zuschauern nicht nur die Gänseleber vom Teller mundet, sondern auch die nach jenem Geflügel benannte Haut über Rücken und Arme kriecht.
Das ist deshalb ein schönes Erlebnis, weil inzwischen in der Bundesrepublik mehrere Unternehmen Produktionen aus der Krimiküche in zahlreichen Hotels anbieten, die sich häufig genug nicht nur durch hanebüchene Unprofessionalität auszeichnen, sondern auch von darstellerischem Unvermögen geprägt sind. Umso erfreulicher, daß im Fall dieses Reichshof-Gastspieles mit der abwechslungsreichen Inszenierung des Imperial-Direktors Frank Thannhäuser das genaue Gegenteil zu vermelden ist:
Ein recht großes Ensemble ( 8 Personen immerhin), angeführt von dem temperamentvollen Gosta Liptow als Sherlock Holmes und dem nuancenreichen Thomas Fitschen als dessen rührigem Gehilfen Dr. Watson, arbeitet sich gut gelaunt , geschickt arrangiert in alle Richtungen des weitläufigen Speisesaales, in wunderschönen Kostümen durch die Undurchschaubarkeit dieser abstrusen Geschichte vom riesigen schwarzen Hund im Moor, der realiter nicht existiert ( Oder doch……?), dessen Geheul nicht nur die ehrwürdigen Mauern, sondern auch die Herzen der amüsierten Zuschauer gebührend erzittern läßt.
Im Gegensatz zu anderen Unternehmungen dieser Art, die der Chronist früher über sich ergehen lassen mußte, ist das Besondere und Raffinierte an diesem Abend die gelungene Art, in den Pausen „zwischen den Akten“, in denen Restaurantleiter Sven Hagen mit seinem Team die wohlmundenden Speisen serviert, die einzelnen Darsteller in den Kreis der Zuschauer zu integrieren und , mit jenen gemeinsam, das Dinner einnehmen zu lassen, was – beobachtbar – zu macherlei improvisierten, häufig einfallsreichen und originellen Smalltalk-Szenen führt.
Fazit: Niveauvolle Abendunterhaltung, die bis zum April 2012 an jedem Sonntag ( 18.00 Uhr Beginn mit einem Sektempfang)
geplant und deren Besuch zu empfehlen werden ist.
Fotos: Imperial Theater