Von Dr. Manuel Ruoff
Die Kanzlerschaft von Georg Michaelis blieb eine Episode – Auf Druck der Reichstagsmehrheit wurde sie beendet
Gerne wird als ein Grund für das Scheitern der Weimarer Republik angeführt, dass die Parteien heillos zerstritten gewesen seien, weil sie aufgrund einer angeblich fehlenden parlamentarisch-demokratischen Tradition in Deutschland lange von der Macht ferngehalten und deshalb nie gezwungen gewesen seien, konstruktiv und kompromissbreit in der politischen Regierungsarbeit zusammenzuarbeiten. Hinsichtlich Reichskanzler Georg Michaelis gab es diese Zerstrittenheit allerdings nicht.
Zweifel an der Qualifikation des am 8. September 1857 im schlesischen Haynau geborenen und am 24. Juli 1936 im brandenburgischen Bad Saarow gestorbenen Beamtensprosses und Beamten Georg Michaelis für das Amt des Regierungschefs des damals um seine Existenz kämpfenden Deutschen Reiches gab es in allen Lagern. Da war kaum einer, der ein gutes Haar an Michaelis’ kurzer Kanzlerschaft des Jahres 1917 ließ. Es ist schlichtweg ein Phänomen, wie ein Mann ohne blaues Blut, den der Kaiser nicht kannte, der kein Politiker war und dem die auswärtigen Beziehungen fremd waren, in einer der schwersten Stunden des Kaiserreiches dessen Kanzler werden konnte. Continue reading „Der erste bürgerliche Reichskanzler“