von Ferenc Horvath (Text und Fotos)
Man nennt dieses in Zentralasien gelegene Land wegen seiner Form auch „Hasenland.“ Es ist auch das Land der Arier, das zu 93% aus Gebirgszügen besteht – den höchsten in der seinerzeitigen Sowjetunion. Der höchste Berg ist die Leninspitze. Das Territorium weist zudem 2.000 Seen und 8.000 Gletscher aus. Ein weiterer Superlativ sind 300 Sonnentage im Jahr. Ein atemberaubendes Land!
Die Hauptstadt heißt Dushanbe, was so viel bedeutet wie „Montag, der zweite Tag der Woche.“ Der höchste Flaggenmast der Kapitale misst 165 Meter und ist somit der höchste weltweit. In der Stadt befindet sich zudem das größte Teehaus Zentralasiens. Das an der Stirnseite des Rudaki Prospekts aufragende Somoni Denkmal trägt eine Krone. Daher auch der Name „Land der Krone.“ Gleich nebenan befindet sich das Nationalmuseum.
Während ich mit meinen Begleitern, einer Tadschikin und einem Chirurgen, durch die Parkanlage spazieren, erzählt mir der Mann eine dramatische Geschichte aus dem fünf Jahre währenden Bürgerkrieg in den Neunzigerjahren des letzten Jahrhunderts: „Ich wohne im Stadtzentrum. Wie gewöhnlich gehe ich jeden Tag nach der Arbeit zu Fuß nach Hause. An der Ecke steht ein Soldat mit einer Kalaschnikow und raucht. Er starrt mich an und fragt, ob ich für oder gegen sie, die Sowjets, sei. Ich habe den Nerv, ihm die Frage auf meine Art zurückzugeben: Ich wohne seit 20 Jahren in dieser Straße – und wer bist du eigentlich?“ Ich erhielt keine Antwort. Der Soldat warf sein Zigarette weg. Ich ging einfach weiter, einen T-54 Panzer hinter mir. Was für eine Frechheit.“
Der Chirurg nimmt das Wort wieder auf und erinnert sich an diese entsetzlichen Zeiten, in denen er unter Zeltbahnen Patienten am offenen Herzen operieren musste. Es gab keinen Strom. Er hatte seine schwierige Arbeit mit einer Taschenlampe im Mund zu erledigen. Kaum vorstellbar, wenn einer einem diese dramatischen Erlebnisse in der „Bundesbar“ erzählt, während man genüsslich einen Espresso schlürft.
Ich spreche hier von einem normalen Arbeitstag in Tadschikistan. Während die Frauen häufig ihre alte Tracht tragen, sind die Männer zumeist westlich gekleidet sind – oft tragen sie weiße Hemden und Sakko, als wollten sie in die Oper oder ins Theater gehen.
Auf die Alphabetisierung der stark wachsenden Bevölkerung wird großer Wert gelegt. Die Schulen sind gut besucht. Kinder in sauberen Schuluniformen spielen auf den Schulhöfen. Der Glaube an eine bessere Zukunft beseelt Kinder und Erwachsene gleichermaßen.
Obwohl kaum noch Russen im Land sind, träumt das Volk immer noch von einem kulturellen Zentrum, das der russischen Hauptstadt Moskau ähnelt. Fotos von Putin und Ansichten von Moskau an den Wänden eines Bistros sprechen eine beredete Sprache.
Die Mehrheit der Bevölkerung ist zwar muslimisch. Dennoch erfreuen sich Bier und Wodka großer Beliebtheit. Somoni – der „Landesvater“ – ist überall präsent. Man findet seinen Namen an Denkmälern, auf Bergspitzen und selbst auf Wodkaflaschen.
Geheiratet wird hier mit großem Pomp, deutschen Edelkarossen und unter Fanfarentönen gleich neben dem Ministerium für Geologie. Fröhlichkeit ist überall im Land angesagt. Die Verbesserung der Lebensbedingungen ist spürbar. Nach meinem vierten Besuch in Tadschikistan kann ich das bestätigen.
Die Zukunft des Landes zeigt sich in rosigem Licht. Unlängst wurden Erdgasfelder entdeckt. Welche Reichtümer im Gebirge schlummern, muss noch erforscht werden. Die Chinesen sind sehr aktiv im Lande und haben bereits neue Straßen gebaut. Die Tourismusindustrie wächst stetig.