Es ist das Verdienst dieses kleinen Theaters, stets einen Mix aus verschiedenen Genres auf die Bühne zu bringen. Nach dem Gruselstück der Frau in Schwarz von Susan Hill kommt Derek Benfiels „Funny Business“ gerade recht – eine Komödie, die dem Publikum Lachsalven der Heiterkeit entlockt. Ein Stück wie geschaffen für die dunkle, trübe Jahreszeit vor den Festtagen. Diesmal bevölkern sechs Personen die in ein Hotel irgendwo in der englischen Provinz umgestaltete Bühne. Nach und nach trudeln die Gäste ein: Henry, Angela. Judy, Edgar und Mr. Johnson. Der Zuschauer fragt sich beim Anblick dieser unterschiedlichen Menschen, wer zu wem gehört und was diese Leute ausgerechnet in dieses etwas herunter gekommene Hotel führt. Da ist die verhuschte Judy (Jan Hirst), nahe am Wasser gebaut und ständig den Tränen nahe. Hat sie sich etwa eine Auszeit von ihren ehelichen Pflichten genommen, um hier mit Henry, ihrem ebenfalls verheirateten Liebhaber, ein romantisches Wochenende zu verbringen? Auch die selbstbewusste, äußerst trinkfeste Angela (Debbie Radcliffe) gibt Rätsel auf. Was hat sie hier fern vom quirligen London zu suchen? Mr. Ferris, der ebenso unbeholfene wie schlitzohrige Sechste im Bunde an der Rezeption (glänzend Stephan Chance) ist etwas verwirrt. Wer von diesen Gästen ist denn nun der Journalist oder die Journalistin, der oder die einen Bericht über das Hotel für ein Magazin schreiben will. Seine Schwester, die Besitzerin des Hauses, die gerade im spanischen Benidorm weilt, hat Ferris eingebläut, die Presse besonders gut zu behandeln im Hinblick auf eine wohlmeinende Bewertung des Hauses.
Es kommt, wie es kommen muss in einer Screwball Comedy. Verwechslung folgt auf Verwechslung, Knall auf Fall. Während Judy mit Henry in der Hochzeitssuite ihren Koffer auspackt, werden beide unsanft in ein anderes Zimmer verfrachtet, weil Ferris meint, in der sich mit Gin abfüllenden Angela die wahre Pressefrau herausgefunden zu haben. Koffer auf, Reisetasche zu, treppauf, treppab. Keiner kommt zur Ruhe. Hat er oder sie sich gerade im Zimmer eingerichtet, folgt eine neue Order von Ferris. So viele verschiedene Insassen hat die Hochzeitssuite noch nie an einem einzigen Tag beherbergt. Die Situation spitzt sich zu, als auch noch Edgar (Blake Askew) auf der Türschwelle erscheint, ein cholerischer Mann, der droht den hier vermuteten Liebhaber seiner Frau auf der Stelle zu ermorden. Dem armen Ferris zittern die Knie. Was tun? Als Edgar, Judys angetrauter eifersüchtiger Ehemann, sich als Bigamist entpuppt, ist die Hölle los. Wie das? Angela besteht darauf, offiziell mit Brief und Siegel Edgars wahre Ehefrau zu sein. Trotz gespielter Empörung ein Glücksfall für Judy, die jetzt ihre Zuneigung zu Henry (sympathisch: David Habbin) offen zeigen kann, weil sie offiziell mit Edgar nie verheiratet war.
„Funny Business“ enthält alles, was dem Zuschauer Lachtränen in die Augen treibt: Irrungen, Wirrungen, Gefühlsausbrüche und nur mühsam unterdrückte Gewalt. Also all jene Zutaten, die aus einer Farce erst eine Farce machen. Doch wir unterschätzen einen Autor vom Schlage eines Derek Benfield gewaltig, wenn wir meinen, er habe sich damit schon zufrieden gegeben. Er hat nämlich noch ein Ass im Ärmel. Und dieses heißt Mr. Johnson (skurril Gil Sutherland), ein Mann in den besten Jahren mit Glatze, der – um es dezent auszudrücken – ziemlich angeheitert durch das Hotel geistert und es auf die Ladies abgesehen hat. Je öller, je döller, der alte Schwerenöter ist definitiv sexsüchtig, und hier gilt: Wer nicht bei drei auf den Bäumen ist, kann was erleben.
Lieber Zuschauer, Du hast schon gemerkt, es geht turbulent in diesem Hotel mitten im Nirgendwo zu. Wieder klappen Türen, werden Gäste aus ihren Zimmern vertrieben und die Hochzeitssuite neu belegt. Die spannende Frage bleibt: Wer ist denn nun die heiß herbei gesehnte Person von der Presse? Diese Frage bleibt bis zum Ende dieses „lustigen Spiels“ offen.
Die unter der routinierten Regie von Robert Rumpf agierenden Mimen zeigen zwei Stunden lang eine temperamentvolle, mitreißende Spielfreude. Ein wunderbarer, sehr unterhaltsamer Theaterabend, der jedem Zuschauer an diesen regnerischen Herbsttagen ein glückliches Lächeln aufs Gesicht zaubert.
Der Brite Derek Benfied (1926 bis 2009) gehört zu den speziell in den englischsprachigen Ländern meist gespielten Autoren. Er brillierte unter anderem mit Komödien wie „Touch and Go“, „Don’t Lose the Place“ und „Anyone for Breakfast“ – drei Stücke, die auch auf dem Spielplan des English Theatre standen.
„Funny Business“ läuft bis einschließlich 1. Februar 2020.
Tickets unter der Telefonnummer 040-227 70 89 oder online unter www.englishtheatre.de
Nächste Premiere: „Apologia“, ein Stück von Alexi Kaye Campbell, am 13. Februar 2020