„Der Scarabäus und das Roß des Pharaos“

Von Michael Buschow

Skarabäus nach Hans-Christian Andersen
Scarabäus, nach Hans-Christian Andersen

Mistkäfer, Mumie, Schweizer Frosch & Co.

Das sind nur einige der „Zutaten“ in H.P. Kurrs Inszenierung „Der Scarabäus und das Roß des Pharaos“ am Monsun Theater Hamburg.

Die nette Geschichte „Der Mistkäfer“ von Hans Christian Andersen ist uns wohlbekannt – Ein Mistkäfer aus des Königs Pferdestall hadert mit dem Schicksal weil er nicht auch wie das imperiale Roß goldene Hufbeschläge erhalten hat.

Diese gerne für Kinder aufgeführte Geschichte auf die Bühne zu bringen ist an sich nichts Besonderes.

Aber Kurr wäre nicht Kurr, würde er es „einfach so“ inszenieren.

Er macht daraus eine Transformation der Story ins alte Ägypten der Pharaonen. Daher: Mistkäfer=Scarabäus

Schon vor Beginn des Spiels nimmt der erstaunte Zuschauer wahr, daß eine stumme bandagierte Mumie (Roland Hackspiel) unbeweglich aus dem Bühnenvorhang lugt, sozusagen als landestypisches Erzeugnis und als Einstimmung auf die Gegend am Nil.

Getragene, leicht mystisch entrückte Musik erklingt (am Flügel Jean Panajotoff) und transportiert das Publikum gekonnt schon mal geistig zielgenau zwischen die Pyramiden von Gizeh und die Tempel von Luxor. Das Publikum entspannt sich und träumt.

Die Mumie bewegt sich entgegen aller Erwartung dann doch, zieht den Vorhang auf – und die in güldene Gewänder gekleidete, charmant und etwas geheimnisvoll lächelnde Erzählerin Isis (Ariane de Melo) beginnt mit der Fabel. (Unwillkürlich wird man bei ihr irgendwie an Elizabeth Taylor als Cleopatra erinnert)

Nun geht die Sphinx ab!

Ama Flügel Jean Panajotoff
Ama Flügel Jean Panajotoff

Es summen, fliegen und kriechen heiratswillige Ohrwürmchen, ein Marienkäfer mit selbstgebastelten Flügeln, Raupen –  es hoppelt ein Pferd, krabbelt eine singende stimmgewaltige schwarze Spinne           ( Spidergirl Tania Levy) und sogar ein witziger Frosch mit eindeutig Schweizer Zungenschlag (Lisa-Ursula Tschanz) durch die Thebener Landschaft Oberägyptens.

Und mittendrin die Hauptfigur – der schicksalshadernde, sich auf Reisen befindliche Scarabäus (Ines Nieri).

Dieser „Käfer“ gibt alles. Schreit, pöbelt herum, empört sich und möchte um alles in der Welt auch goldene Hufe.

Besonders die unvergleichliche Mimik dieses Insekts ist absolut sehenswert.

Von blasiert über gekränkt bis wütend ist alles drin.

Eindrucksvoll die Musik. Vergliche man sie mit den Pfeilern von Abu Simbel, ist sie und ihre Interpreten eine der gewaltigen Stützen der Inszenierung.

50 Jahre auf der Bühne: Hans-Peter Kurr inmitten des Ensembles
50 Jahre auf der Bühne: Hans-Peter Kurr inmitten des Ensembles

Der Komponist Jean Panajotoff hat für diese Aufführung nicht nur eine wunderbare Klangwelt erschaffen, er ist ein ebenso vollendeter Pianist, auf der Bühne allerdings fast unsichtbar hinter Bambusgras an seinem Flügel verborgen. Das musikalische i-Tüpfelchen bringt dann die excellente Sopranistin Susanne Dieudonné zu Gehör und ein starkes Violinensolo der bezaubernden Geigerin Ilona Raasch vervollständigt den Musikgenuss inmitten der Spielhandlung.

Dem „Transformator“ Hans-Peter Kurr und den Akteuren sei für diesen schönen Theaterabend gedankt.

H.C. Andersen hätte diese Interpretation ganz sicher auch gefallen.

 

Noch ein kleines Nachwort:

Die noch jungen Schauspielerinnen zeichnet unisono eine besondere Haltung aus: Sie alle sind Mimen „aus dem Bauch heraus“. Heißt schlicht und einfach – sie stehen mit Herzblut und Liebe auf der Bühne.

Das spürt der Zuschauer.

So und nur so muß es sein!

Fotos: Tobias Gloger