Einst im Land Gaza … Eine Kurzgeschichte

Der Autor, unterwegs im Land Gaza. Foto: privat

Ich heiße Mosche Landau. Traurig bin ich, und da es so ist, gehe ich mittags oft an diese Mole und schaue über das Meer. Denn das Meer beruhigt. Trübe Gedanken verweht der Wind.

Einst bin ich über das Meer ins Heilige Land gekommen. Meine Eltern flüchteten aus der Heimat nach Amerika. Ich verließ New York, um mich in das Land meiner Urahnen zu begeben. Nun darf ich auch hier nicht sein, wo ich sein möchte … was bin ich, frage ich mich? Ein Migrant? Ein Vertriebener? Ein Heimatloser? Ein Produkt kultureller Gegensätze?

Seit ein paar Tagen bemerke ich einen weißhaarigen Mann. Er sitzt immer allein an eine Mauer gelehnt, und aus den Lumpen zu schließen, die ihn umhüllen, ist er ein Bettler. Sein dunkles Gesicht ist zerfurcht, eingefallen, aber von gütigem Ausdruck. Heute beobachte ich wie er ein Stück Brot und eine Orange aus seiner Burnusfalte zieht. An beidem nagt er, als treibe ihn großer Hunger. Nach einer Weile stemmt er sich hoch und schlurft den nahen Häusern der Stadt zu. Auf dem Weg in mein Büro sehe ich den Landstreicher wieder. Er durchsucht einen Abfalleimer nach Essbarem. Seltsam: Der Mann beschäftigt mich.

Am nächsten Morgen hockt er erneut an der Mole. Ich spreche ihn an. Er zuckt zusammen als habe ich ihm ins Ohr gebrüllt. Ängstlich schlägt er schwarze, wässrige Augen auf. „Shalom, ist das Ihr Stammplatz?“, frage ich. „Dilwati (jetzt) – ajwa (ja),“ antwortet er arabisch. „Dann wissen Sie, was am Hafen so passiert?“ Er schaut dem Verkehr nach und meint: „Alles zieht dahin, nichts bleibt!“

Einem Drang, oder einer sozialen Regung folgend, schlage ich vor: „Werfen Sie das verschimmelte Brot weg, wir gehen etwas essen.“ Der Bettler glotzt, als traue er seinen Ohren nicht. „Was?“ – „Ich spendiere ein Essen!“ – „Und? Ihr Juden macht nichts umsonst!“ – „Vielleicht gibt’s Ausnahmen.“ – „Ich bin Flüchtling“, weht der Alte ab. „Sind wir das nicht alle?“, meine ich versöhnlich. „Meinetwegen, wenn Sie sich Läuse holen wollen!“

Gaza-Stadt vor 2023. Foto: Archiv Cropp

Wir gehen Jaffas Elyashiv Street entlang. In den Shaul’s Inn, der um diese Zeit rappelvoll ist. Schieben uns vor, an einen Tisch, den wir im nächsten Moment für uns alleine haben. Erst jetzt merke ich, dass seine Ausdünstungen ungeheuerlich sind. Bei dem Anblick der Auslagen hinter der Vitrine bildet sich Speichel um seine Lippen. Die Kellnerin kommt widerwillig an unseren Tisch. „Lamm mit Reis,“ sagt er leise.

Als das Essen gebracht wird, würde ich ihn gern mit tausend Fragen bedrängen. Er säbelt das Lammfleisch in kleine Stücke. Mit beachtlicher Geräuschkulisse leert er seinen Teller, führt ihn zum Mund und leckt den Soßenrest heraus. Ein saurer Rülpser zeigt an: Es hat ihm geschmeckt. „Satt?, frage ich. „Nein,“ sagt er kaum hörbar. Ich bestelle das gleiche noch einmal. „Allah ist mit den Barmherzigen!“, grunzt er.

Wir schweigen uns an. Der Alte blickt auf die Straße, meint endlich: „Ich bin heimatlos und zwischen alle Fronten geraten. Der Abfalleimer ist meine Speisekammer, der Himmel mein Dach.“ – „Gott schützt die Standhaften,“ versuche ich zu trösten. Er schüttelt den Kopf. „Ich, Jusuf, wurde verstoßen!“, sagt er mit traurigen Augen … und dann, ganz unerwartet, lässt er seine Geschichte heraus. Sein Leben interessiert mich. Einem plötzlichen Impuls folgend bin ich begierig, etwas über den Palästinenser zu erfahren.

Vor Jahren, der Rücken Jusufs war von harter, schlecht bezahlter Arbeit schmerzhaft geworden, stieg er doch regelmäßig auf den Dorfhügel, bis er die Stadt und das Meer in der Ferne, so grausam lockend, nicht mehr sehen konnte. Der Blick bereitete Pein, wie Sirenen, wie Drogen einem Süchtigen.

Jaffa, die Stadt in der Nachbarschaft, lag in der Hand eines verlängerten Arms vor ihm. Und doch fern in einer anderen, fremden Welt. Einer Welt so leicht und schön und zwanglos. Im Dorf erzählte man sich Geschichten über die Stadt, die ihm nachts den Schlaf raubten. Dort gäbe es das wahre Leben. Mit Geld sei dieses echte Leben herrlich auszukosten. Jusuf, der Landarbeiter, wollte von diesem Leben auch gern etwas probieren. Fünfundvierzig Jahre alt war er geworden, hatte sieben Kinder gezeugt. Diese und seine Frau zu ernähren war mühsam. Überhaupt waren die Dinge in seinem Dorf kompliziert und verworren. Am meisten bedrückte ihn das Verhalten seiner Frau, die ihn seit der Heirat für einen Trottel hielt. Er musste ihr endlich das Gegenteil beweisen!

All die schwere Arbeit als Erntehelfer galt nichts in ihren Augen. Er rackerte sich auf entlegenen Plantagen ab, um im Akkord Oliven zu pflücken. Und sie kassiert danklos seinen Lohn. Der Grund für dieses Verhalten lag in einem Stück Land. Als Mitgift hatte sie ein steiniges Feld bekommen. Jusuf bitter: „Das schielende Mädchen wäre der Vater ohne die Aussteuer nicht losgeworden!“ Aber der verdammte Acker mit achtzig krüppeligen Granatapfelbäumen war ihr stilles Pfand, und der Stachel, den Fatma, sein Weib, kräftig in sein Fleisch bohrte. Zum Glück war da der irre Traum vom prallen Leben im Land des Nachbarn.

Bis Mustafa, der Geschäftsmann, aus Gaza Stadt erschien. Er war es, der Jusufs Sehnsucht mit zwanzigtausend Dollar erfüllte. Er brauchte nur unterschreiben und sich der Illusion des anderen Lebens hinzugeben. Sauber gebündelte grüne Dollarnoten glitten aus dem Lederköfferchen Mustafas in die Tasche Jusufs. Verhasstes Land war zur Größe einer Zigarrenkiste geschrumpft und bestens zu transportieren.

Jusuf besorgte sich ein Auto mit Chauffeur und fuhr dem Meer entgegen, das so verheißungsvoll glitzerte. Und am Meer hielt er auf die Stadt zu, wo ihm ein schickes Hotel empfohlen wurde. Dort stellte sich rasch die passende Frau ein. Sie hieß Natascha, hatte Haare, gelb wie der Wüstensand, Augen, blau wie das Meer, und eine Haut, weiß wie Ziegenmilch. Wenn sie ihm ganz nah war, duftete sie wie frischer Jasmin. Sie kam aus der Ukraine.

Jaffa hatte sie auf illegalem Weg erreicht, war hier einfach untergetaucht. Auch sie hatte einem Traum. Den Traum von einem Haufen Dollarscheinen in einer neuen Heimat. Während Jusufs Geldbündel schmolz wie Butter in mediterraner Sonne, mehrte sich das Bündel Nataschas … bis Jusuf mit nur noch fünftausend der grünen Scheine erwachte und in sein Bergdorf zurückkehrte. Wo er sich jetzt einem Orkan der Entrüstung zu stellen hatte.

„Oh schändlicher Verräter!“, hieß es. Mustafa, der Geschäftsmann, hatte den Granatapfelbaum-Acker weiterveräußert – trotz heiliger Eide dies nie zu tun. Die weihevolle Erde erwarb eine jüdische Baufirma.

Der Bettler seufzt und schlürft Tee. „Ich bin der Verräter. Für das Dorf hatte ich Heimatland an Juden verschachert und mich mit dem Geld in Sünde gesuhlt!“ – „Das Hanggrundstück bei Jabaliyah?“, will ich wissen. „So ist es – warum?“, fragt er, fährt aber fort: „Meine Schandtat hing zwischen mir und meinem Weib, und ich sah eine zweite Frau als einzigen Ausweg aus dem Dilemma.“

Fünftausend Dollar ist ein beachtlicher Brautpreis. Doch er bekam nur eine aus einem heruntergekommenen Clan, dem es egal war, dass er Land an Juden verkauft hatte. Die Frauen, doch grundverschieden, verschworen sich gegen ihren Mann an dem Tag, an dem jüdische Sägen die alten ehrwürdigen Granatapfelbäume fällten, um an deren Stelle jüdische Häuser mit bunten Dächern zu errichten. Als die ersten Israelis die neuen, schönen Häuser beziehen wollten, rebellierten seine Frauen. Jusuf durfte weder klagen, lamentieren, noch züchtigen. Wer Heimaterde an Juden verkauft, hat zu dulden, zu schweigen, und zu leiden. Er wurde aus dem Haus, dann aus dem Dorf gejagt. Flüchten konnte er nur ins verhasste Israel. Kein Moslem aus Gaza hätte ihm Obdach gewährt.

Das war vor zwei Jahren. Hätte er das Land doch nur nicht verkauft! Er könnte Granatäpfel ernten, bescheiden, aber ehrbar leben. „Ich bin am Ende. Die Schmach ist groß. Ich büße meine Tat, in dem ich in der Fremde unter Ungläubigen lebe wie ein räudiger Hund,“ flüstert der Alte und über sein zerfurchtes, gütiges  Gesicht rinnt eine Träne …

Nun umarme ich Jusuf und drücke ihn lange. Schließlich blicke ich in seine wässrigen Augen und sage: „Ach Jusuf, wie sich Lebenswege gleichen, ich bin …“ – „Unsere Lebenswege gleichen sich?“, unterbricht er, „was meinst du damit, Jude?“. Ich antworte: „Gehe in dein Dorf zurück, gewiss wird man dich jetzt aufnehmen. Unsere Regierung …“ *)

„Oh ja, ich begreife,“ sagt der Palästinenser. Und über sein Gesicht huscht ein sanftes Lächeln. Er trinkt vom Tee. Dann steht er unsicher auf, beugt sich zu mir, haucht: „Schukran, danke. Allah weist mir den Weg .“ Damit wankt er zielstrebig aus dem Lokal, als gelte es einen wichtigen Termin wahrzunehmen.

Der Wirt atmet auf, die Gäste entkrampfen sich. „Ich habe zu danken!“, rufe ich ihm nach und zahle. Meine Traurigkeit ist verflogen. Merkwürdig, ich hänge ihm nicht mehr nach, dem zerplatzen Traum vom neuen Heim in der Siedlung, am Hang in Meeresnähe …

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*) Ab 2005 verbot die israelische Regierung ihren Bürgern die Besiedlung des Gaza-Streifens. Und was ist heute, 2024, daraus geworden?

 

Panel de discusión “ Cien años de olvido – A dónde vas, Latinoamérica?

Foto: José Napoleón Mariona

Poetas-Ensayistas-Novelistas-Pen-Alemania. Pen Centrum Alemania –
100 Aniversario.
Asamblea anual 2024 en Hamburgo.

Gabriel García Márquez al agradecer el Premio Nóbel de Literatura dijo por primera vez la frase “ Cien años de olvido para Latinoamérica“ , y el CLUB PEN DE ALEMANIA lo vuelve a utilizar en ocasión de este panel de discusión acerca de la situación de los periodistas latinoamericanos acosados en sus propios países. Los participantes al foro de discusión dieron testimonio del rescate que el CLUB PEN realizó para sacarlos con vida desde una situación de exilio domiciliar en sus propios hogares y darles protección en Europa.

María Teresa Montaño, de México

María Teresa Montaño Delgado, periodista investigativa de México, relató los detalles de la persecución y acoso de toda su familia, como reacción refleja de las mafias investigadas y la posible conexión con las agencias de gobierno adictas a proteger más a este crimen organizado que a los ciudadanos.

María Teresa fue secuestrada durante 6 horas en el año 2021, los mafiosos la amarraron de pies y manos, le vendaron los ojos y sacaron de su casa sus archivos investigativos.
En ese episodio le robaron el automóvil y dejaron mensajes de amenaza de muerte para sus hijos. Algunas organizaciones de rescate a periodistas perseguidos, como Reporteros sin fronteras y la organización Forbidden Histories le ayudaron a regresar a México, después de cuatro meses de exilio en España. Después del asilo en España continuaron las amenazas y se volvió a exilar otros cuatro meses más. Su campo de investigación periodística son las Mafias Políticas y en el año 2023 pudo editar el trabajo que antes le habían robado durante el secuestro. PEN le confirmó en diciembre del año 2023 su apoyo y ahora está en preparación un libro que narra todo este episodio. Un reportaje aparecido en el periódico madrileño EL PAÍS fue el que despertó la atención del CLUB PEN.

Acoso contra las mujeres periodistas en Latinoamérica

María Teresa opina que en toda Latinoamérica existe el derecho a la libre opinión, aunque hay agresiones nacidas de la naturaleza machista de esa sociedad, con el resultado de que se registra un mayor impacto en contra de las mujeres periodistas investigativas.

Existe esperanza en la elección de una presidenta de la República mexicana para detener la violencia estructural en contra de las mujeres.

Las tres  profundas crisis más urgentes en México

La crisis profunda de los Derechos Humanos, con los miles de casos de desaparecidos y de feminicidios se manifiesta cruelmente con la ausencia de atención para las víctimas. Muchas familias de las víctimas se han organizado para solicitar el apoyo y la protección.

La crisis profunda de poder, crea la pregunta fundamental de ¿Quién es el que gobierna de verdad en México? Es el Presidente, o es el Parlamento, o es el conjunto de Mafias Políticas?

La profunda crisis humanitaria está pendiente de solución sobre todo por la incertidumbre de la magnitud de la intervención del propio presidente saliente, para lograr entendidos con esas Mafias Políticas, lo cual le deja una herencia política a la nueva presidenta electa.

Situación general latinoamericana de la represión literaria

El plano general latinoamericano muestra una represión literaria y el estudio de la organización Reporteros sin Fronteras en su Clasificación anual mundial 2024 muestra la situación precaria de la Libertad de Prensa sobre todo en Argentina, Perú, El Salvador, con un franco deterioro de la Libertad de prensa en todos los contextos políticos.

En resumen, en Latinoamérica es delito escribir desde el lado de la oposición sobre todo en los siguientes países tales como Cuba, Guatemala y Venezuela. Hay leyes y decretos explícitos que castigan el trabajo del escritor crítico.

Ariel Macedo Téllez, de Cuba

Ariel Macedo Téllez, actor, fotógrafo, investigador, es el coordinador en Cuba de la Plataforma “Demonios y Ángeles”. Algunas actividades de denuncia trajeron la atención del gobierno y desataron la represión en su contra.

Ha sido rescatado por PEN de Alemania, para salir de esa situación de incertidumbre y se encuentra a salvo en Alemania. El acoso contra Ariel Macedo Téllez es la continuación de una larga historia de represión política contra los escritores y poetas descontentos con la política del gobierno. En el caso de Ariel, la represión policíaca comenzó en el año 2018, bajo el manto de amenazas y de interrogatorios de parte de la policía política.

El Decreto 349 del Ministerio de Cultura en Cuba

El decreto 349, del año 2018, del Ministerio de Cultura es un instrumento de represión en contra de los autores y artistas que no se incluyan en los registros autorizados por el Ministerio de Cultura.

La Policía Política tiene el monopolio de la represión contra Ariel en particular y contra las asociaciones de artistas independientes. El gobierno cubano ha arrestado varias veces a Ariel, desde 2019 al 2022 , hasta imponer la pena de prohibición para salir del país-. Interesante es la percepción de Ariel, cuando encuentra un paralelo entre la represión en contra de los escritores independientes, tanto por del estado de la República Democrática Alemana (DDR) como en Cuba. El acoso del gobierno en contra de Ariel motivó un movimiento de protesta de parte del grupo de artistas independientes en contra de la política del Ministerio de Cultura. El acoso del gobierno asume diferentes formas que van desde las amenazas, los atentados y el arresto domiciliar. Ariel pudo obtener una autorización para viajar a Nicaragua y desde allí decidió viajar durante   tres días en diferentes buses hasta llegar a México.

Los viajes clandestinos en Centroamérica

Habiendo contratado los servicios de un mafioso dedicado a la migración informal, al llegar a Guatemala le confiscó el equipo profesional como periodista , bajo la sospecha de que Ariel se había colado como refugiado para redactar un reportaje , enviado por las autoridades cubanas , a fin de desprestigiar a las naciones que tienen migrantes informales en la zona centroamericana. Aunque no recuperó el equipo que le robaron los mafiosos que organizan esos viajes clandestinos, le perdonaron la vida, al descubrir que Ariel era un poeta perseguido por el gobierno cubano. La reacción del gobierno cubano fue la de exponerlo a la opinión pública , calificándolo de lumpen , de basura social por haberse exilado voluntariamente.

El rescate de Ariel hacia Alemania

Finalmente, PEN lo sacó de México y lo rescató para trasladarse a Alemania bajo su protección.

Ariel está muy triste por la decisión de quedarse a seguir luchando dentro de Cuba, por algunos poetas cubanos perseguidos por el gobierno, y no aceptan la oferta de PEN para encontrar una solución de vida, al trasladarse hacia Alemania.

El opositor tiene que exilarse para después de estabilizar su vida en ese exilio, regresar a luchar dentro de su propio país, ya con mejores herramientas en base a sus contactos durante la duración del exilio.

Ariel era el director secreto de una Página Satírica llamada “ Hay qué muera” y su identidad fue descubierta al público, como parte del acoso del gobierno, para ponerlo en peligro de los seguidores fanáticos del régimen.

Amir Valle Ojeda, de Cuba

Amir Valle Ojeda nació en Guantánamo dentro de una familia leal al ideal revolucionario. No era una persona disidente ni desobediente al régimen.

Solamente escribía dentro de uno de los dos bloques de escritores dentro de Cuba, que son : los que están inscritos en las listas dentro de Ministerio de Cultura y los otros, como Amir Valle Ojeda que se consideran escritores libres. A los escritores libres (independientes) es a quienes acosa la policía para “calmar sus ánimos”.

Siendo hijo de un Comandante de la Revolución , la familia lo definió como la oveja negra

En el año 2004 presentó su libro en España, pero entonces el gobierno tomó represalias y le negó la autorización para regresar a Cuba, Amir tuvo que quedarse indocumentado en Madrid y entonces PEN de España lo atendió y de esa forma llegó a vivir en Berlín.

PEN de Alemania lo ha apoyado y le ayudó a conseguir un empleo en la Deutsche Welle

Ya Gabriel García Márquez intercedió a su favor ante el gobierno de Cuba en el año 2006 y tuvieron una conversación privada juntos en Alemania en el año 2007.

Amir declara que haber nacido en Guantánamo fue una razón para comenzar a escribir y pone el ejemplo de su nombre – Amir- el cual fue encontrado en un diccionario cuando iba a nacer y no tiene nada qué ver con las tradiciones del sitio o de la familia. Era el nombre de un Príncipe y la mamá decidió nombrarlo como aquel Príncipe Amir. El abuelo de Amir es un comerciante fuerte en Guantánamo a tal grado que la carne fresca de pescado que se consume en la base de los marinos de Estados Unidos se la vende el abuelo de Amir, quien entre otros negocios es el propietario de la flotilla de pescadores.

El efecto “nostalgia por Cuba como aliado

Amir relata que desde la pandemia la situación del pueblo cubano ha empeorado y piensa que el gobierno cubano necesita comprar tiempo para realizar una estrategia que mejore sus relaciones con los países que tienen “nostalgia por Cuba”, y eso incluye a Europa y a los Estados Unidos.

La situación precaria de Cuba se esperaba que cambiaría al fallecer el líder Fidel Castro y no cambió, pero luego se esperó un cambio al fallecer su hermano Raúl Castro y tampoco sucedió.

El “mañana” post socialista en Cuba

Como resultado surgió la expectativa acerca de ese “mañana”, resultando en una idea de Cuba después del episodio socialista. Esta expectativa acerca de ese “mañana post socialista” motivó que las élites socialistas enviaran a estudiar a sus hijos al extranjero para conformar una nueva élite a su regreso.

El resultado es el surgimiento de monopolios económicos dirigidos por la nueva élite, agrupando a Microempresarios legalmente y operando la planta de turismo local. No funcionan los nuevos cambios introducidos por esta nueva élite.

“El aliento del lobo”, nuevo libro de Amir

En su nuevo libro, Amir lo tituló “El aliento del lobo”, hace una comparación entre los métodos del Ministerio de Seguridad del Estado de la -Stasi- DDR- y los métodos del Servicio Secreto de Cuba. Esta idea le surgió al comparar que el muro de Berlín y la situación de isla rodeada de agua en Cuba.

Recuerda la cooperación técnica acerca de los métodos del Ministerio de Seguridad del Estado de la DDR, con las Policías Secretas en algunos países en Latinoamérica, África y Asia , por medio de la cual se enseñaron los métodos de represión , con sus estructuras comparadas.

Conclusiones del panel de discusión

Resumen del Panel de Discusión.

Las expectativas de los escritores latinoamericanos rescatados por PEN de Alemania para una nueva vida en libertad se juntan en un común denominador de la esperanza de poder reunir a la familia, trayendo a quienes se han quedado en sus países. Los dos escritores cubanos desean ver el momento de una Cuba liberada, plural, justa y democrática. De momento en su vida en el exilio alemán, esperan tener un espacio de maniobra para gozar de la libertad dentro de la democracia. El mayor desafío lo consideran en lograr una reducción de la “nostalgia alemana sobre Cuba” , a través de la divulgación de sus libros redactados ye en el exilio.

 

Cuba is in Europe… and Nišville’s here to stay!

Ida Nielsen. Photo: Götz Egloff

You don´t have to go to Cuba to be part of a great jazz and funk experience. You ought to be walking from one stage to another just to watch great music being played, like in 2023´s Nišville Jazz Festival which will take place in 2024 again. The annual August festival is one of the most interesting and wide-ranging festivals in the Balkans. Several stages, with different acts and lots of musical styles, simulataneously happening for about ten days in a row!

 

While watching gigs and enjoying the southern European feel, you might dive into the hot vibe of Serbia in cool fortress surroundings, friendly people around you – hardly any drunken folks whatsoever, unlike in many other places of the world…

2023 saw Ex-Prince-bassist Ida Nielsen (and her Funk Bots) rocking the place in a great manner. Ida is so close with the audience, it´s amazing! Even some experimental Rage Against The Machine-like stuff, presented by the notorious Asia Dub Foundation, as well as innumerable brass bands that made the festival outstanding – the Eurocubans being another of many more highlights.

Photo: Götz Egloff

Great mood, lots of people from all over Europe… Well, yeah, it must be great to attend festivals in Cuba… It´s hot and humid in Niš too – not as humid as in Florida, it´s rather a southern Californian climate. Girls are equally beautiful, not as artificially beautiful though… You almost get a retro feeling in such oldschool surroundings, the Nišava river nearby, and all the more friendly people…

It´s a festival that isn´t even small in quantity, it´s real big in quality!

So on your vacation in, say, Budapest, Novi Sad, Belgrade, or elsewhere in the region, why not take the direction to Skopje or Thessaloniki – just don´t miss out on the Niš jazz vibe of Balkan brass, of experimental sounds and international funk… the rhythm is gonna getcha!

This year´s 30th anniversary festival will take place Aug 9th thru 18th, featuring acts like Argentinian singer Karen Souza, Cuban pianist Jany McPherson, and world-famous hip hop combo Arrested Development, among many others…

Day tickets are usually available at about 20 Euro. Check it out at:

https://nisville.com/en/

Die erste arabische Autorin einer Autobiographie

Porträt von Emily Ruete (Sayyida Salme) in traditioneller Kleidung als Prinzessin von Sansibar. (Foto: gemeinfrei)

Vor 100 Jahren starb Emily Ruete, die Witwe eines Hamburger Kaufmanns und Autorin des Werkes „Memoiren einer arabischen Prinzessin“

Die erste Autobiographie einer Araberin in der Literaturgeschichte, „Memoiren einer arabischen Prinzessin“, erschien in Deutschland. Ihre Autorin beschrieb sich wie folgt: „Ich verließ meine Heimat als vollkommene Araberin und als gute Mohammedanerin, und was bin ich heute? Eine schlechte Christin und etwas mehr als eine halbe Deutsche.“ Das klingt nach einer bewegten Biographie, und das ist sie auch.

Bei der besagten Adeligen handelt es sich um die Prinzessin von Oman und Sansibar Salama (Salme) bint Said. Die Prinzessin kam als Tochter des regierenden Sultans von Oman und Sansibar, Said ibn Sultan, und einer verschleppten tscherkessischen Sklavin in einem Palast ihres Vaters in dessen Reich zur Welt. Dem Herrscher ein Kind zu schenken, erhöhte Prestige und Status einer Sklavin ungemein, machte sie zur Nebenfrau, und Salme war das einzige Kind ihrer Mutter. Das ist eine mögliche Erklärung für das gute Verhältnisse zwischen den beiden Frauen. Mit ihrer Mutter wuchs Salme in Wohlstand im besagten Palast auf.

Die Prinzessin wusste, was sie wollte und was nicht. Beispielsweise wollte sie schreiben können, und so brachte sie es sich selbst bei. Sie wollte keinen Mann, den ihr die Familie ausgesucht hatte, und so war sie mit 22 Jahren noch ledig. 1856 starb ihr Vater und drei Jahre später auch ihre Mutter. Das Erbe beider ermöglichte ihr ein Leben in Wohlstand und Unabhängigkeit.

Die Liebe kostete sie die Heimat

Ihren Ehemann wählte sie sich selbst aus. Der Glückliche war ihr Nachbar, der Kaufmann Heinrich Ruete aus Hamburg. Eine Eheschließung in ihrer Heimat war ausgeschlossen. Als sie von ihm ein Kind erwartete, entschloss sie sich in Absprache mit Ruete, der später nachreiste, zur Flucht übers Meer. Sie war mit der Ehefrau des britischen Konsuls befreundet, und so nahm sie 1866 vor der Küste ein britisches Kriegsschiff auf seinem Weg nach Aden auf. In Aden heiratete sie Ruete, und die Fahrt ging weiter nach Hamburg. Die Prinzessin nahm neben der Staatsangehörigkeit auch den Glauben ihres geliebten Ehemannes an. Als Taufnamen wählte sie den Namen der befreundeten Ehefrau des Konsuls, der sie ihre gelungene Flucht maßgeblich zu verdanken hatte. Abgesehen vom ersten Kind, Heinrich, mit dem Salme in Afrika schwanger war und das kurz nach seiner Geburt in Aden dort auch verstarb, bekam das Paar 1868, 1869 und 1870 im Jahresabstand noch drei Kinder: Antonie Thawka, Rudolph und Rosalie Guza.

Das Glück währte indes nur kurz. Noch im Geburtsjahr ihres letzten Kindes kam Rudolph Heinrich Ruete buchstäblich unter die Räder. Auf dem Rückweg zu seiner Frau sprang er unglücklich von einer Pferde-Straßenbahn ab und wurde von dieser überfahren.

Emily Ruete, die in ihrer afrikanischen Heimat diverse Plantagen aus dem Erbe ihrer Eltern bewirtschaftet hatte, musste die Erfahrung machen, dass ihr für die Verwaltung des Erbes ihres Mannes ein Verwalter vor die Nase gesetzt wurde. So ist es denn auch nicht ihre Schuld, dass das ererbte Vermögen dahinschmolz. Es begann ein gesellschaftlicher, aber vor allem finanzieller Abstieg. Aufgefangen fühlte sie sich weder durch die Hamburger Gesellschaft noch durch die Familie ihres Mannes. Als sie merkte, dass man anderswo günstiger wohnen kann als in Hamburg, zog sie um. Doch in keiner deutschen Stadt konnte sie Wurzeln schlagen, weder in Dresden oder Berlin noch in Rudolstadt oder Köln. In Deutschland blieb sie überhaupt nur wegen der Kinder. Sie ist halt nur „etwas mehr als eine halbe Deutsche“ geworden.

Auf ihre Besitzungen in der afrikanischen Heimat zurück konnte sie auch nicht. Ihre diesbezüglichen Schreiben an den Sultan blieben unbeantwortet. Immerhin hatte sie unerlaubt das Land verlassen, sich unverheiratet schwängern lassen und schließlich auch noch dem Islam abgeschworen. 1875 erfuhr sie indes, dass Sansibars Sultan Barghasch ibn Said nach London kam, und sie fuhr mit geborgtem Geld extra dorthin, um ihn zu sehen. Doch nicht nur, dass ihr Halbbruder sie nicht sehen wollte. Die Briten hintertrieben das Vorhaben. Sie fürchteten, dass nach einer möglichen Versöhnung das Deutsche Reich versuchen könnte, Emilys Sohn Rudolph als Nachfolger seines Halbonkels durchzusetzen. London bot deshalb Ruete Unterhalt für ihre Familie an, wenn sie ihr Vorhaben abbrach. Ruete brach daraufhin ihr Vorhaben ab – aber die versprochene Gegenleistung blieb England schuldig.

Spielball der Kolonialmächte

Ein Jahrzehnt später schien sich Ruete abermals eine Chance zu bieten. Zwischen dem Deutschen Reich und Sansibars Sultan kam es zu Gebietsstreitigkeiten. In klassischer Kanonenbootpolitik-Manier tauchte ein deutscher Flottenverband vor Sansibar auf, unweit davon ein deutsches Zivilschiff mit Ruete an Bord. Sollte sich der Sultan als nicht kooperativ erweisen, wollte die Reichsregierung den Araber mit den Ansprüchen der deutschen Staatsangehörigen Ruete unter Druck setzen. Doch Barghasch zeigte sich kooperativ, und so verzichtete das Reich darauf, die Ansprüche seiner Staatsangehörigen zu unterstützen. Wenigstens durfte Ruete an Land gehen und ihren mitreisenden Kindern die Stätten ihrer Kindheit und Jugend zeigen. Danach ging es zurück nach Deutschland.

Ein Jahr später landete Ruete mit ihren Memoiren einen Erfolg, der ihre finanzielle Situation verbesserte. 1888 unternahm sie auf eigene Faust eine weitere Reise nach Sansibar. Wieder verweigerte ihr der Sultan eine Begegnung. Aber diesmal kehrte sie nicht nach Deutschland zurück. Denn ihre Kinder waren aus dem Gröbsten raus. Sie sah sich nun nicht mehr gezwungen, bei der Wahl ihres Wohnortes auf diese Rücksicht zu nehmen. Nacheinander wohnte sie in Jaffa, Jerusalem und Beirut, wo auch ihre beiden Töchter hinzogen und ihr Sohn am deutschen Konsulat arbeitete. Im Jahr des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs verließ Ruete Beirut.

Ihre letzten Lebensjahre verbrachte sie wieder in Deutschland. In Jena fand sie Unterschlupf bei den Schwiegereltern einer ihrer Töchter. Dort ist sie auch vor 100 Jahren, am 29. Februar 1924, gestorben. Ihre letzte Ruhestäte fand Emily Ruete an der Seite ihres geliebten Mannes in Hamburg-Ohlsdorf.

 

Dieser Artikel erschien zuerst in der Preußischen Allgemeinen Zeitung.

Kuba – Ein Reiseführer auf den Spuren Ernest Hemingways

Mutti mit Cohiba

„Kuba, Hemingway, eine Cohiba + ich“ von Wolf Cropp liest sich wie ein Vademecum durch die wechselvolle Geschichte der karibischen Zuckerinsel, angereichert mit akribisch recherchierten Episoden aus der Vita des amerikanischen Schriftstellers Ernest Hemingway. Hier ist dem Autor der perfekte Spagat zwischen Reiseführer und Biografie gelungen.

 

Cropp beginnt seine weit ausgreifende Geschichte in den Keys, dem äußersten Zipfel der Vereinigten Staaten. Zunächst in Key West gestrandet, wie er im Eingangskapitel schreibt, schaut er, ein Lager aus der Flasche trinkend, auf den Golf von Mexiko und die mit vielen kleinen Eilanden gesprenkelte Straße von Florida. Hier ließ sich Hemingway auf Empfehlung seines Schriftsteller-Freundes John Dos Passos 1928 nieder. Das Ambiente seines aus Muschelkalk im amerikanischen Kolonialstil erbauten Wohnhauses – heute Museum – hat ihn offenbar zu Höchstleistungen inspiriert. Denn hier schrieb er „Wem die Stunde schlägt“ und „Die grünen Hügel von Afrika“, die weltweit zu seinen berühmtesten Werken wurden. Zudem frönte er in Key West der Hochseefischerei, seinem liebsten Hobby neben der Jagd. Aus Gesprächen, die Cropp mit Aficionados Hemingways vor Ort führte, ist unschwer zu entnehmen, dass er nicht zu „Papas“ Bewunderern zählt. Seine Sprache sei primitiv, die Plots nicht selten langweilig, findet Cropp. Eine Einschätzung, die die Rezensentin seines Buches über Kuba und Hemingway weitgehend teilt. Hemingways ausschweifendes Leben – man denke nur an seine zahllosen Liebschaften – war hingegen hoch interessant und füllte jahrelang die Seiten einschlägiger Publikationen.

An der Fassade Camilo Cienfuegos

Endlich landet Cropp auf Kuba. Er führt den Leser durch das laute quirlige Havanna, dessen bröckelnde Fassaden entfernt an die einstige Pracht der reichsten spanischen Kolonie erinnern. Das Straßenbild wird auch heute noch von den bonbonfarbenen amerikanischen Straßenkreuzern dominiert, die die Oberschicht des korrupten Bastista-Regimes zurückließ, bevor Fidel Castro mit seinen Genossen als „El Máximo Lider“ das Ruder übernahm. Von der anfänglichen Euphorie ist nichts geblieben. Mangelwirtschaft, wohin man schaut, leere Regale in den Läden. Und – Ironie der Geschichte – selbst der Zucker wird der Bevölkerung der Zuckerinsel in fast homöopathischen Dosen zugeteilt. Umso erstaunlicher berührt die Fröhlichkeit der Kubaner, deren Leidensfähigkeit unendlich zu sein scheint.

Die tropische Pracht Kubas fasziniert

Während seiner Erkundungstour kreuz und quer über die Insel gerät der Autor in manche prekäre Lage. Während eine „patrulla de policiá“ Cropps Papiere peinlich genau in Augenschein nimmt, versuchen ein paar Insulaner – allesamt arme Teufel – ihn mit einer angeblichen Hilfeleistung beim Reifenwechsel am gemieteten Renault über den Tisch zu ziehen. 500 US-Dollar her oder… Da kann der Autor nur das Hasenpanier ergreifen und weiterfahren in Richtung Santa Clara, dem Wallfahrtsort der Verehrer des Helden aller Linken dieser Welt, Che Guevara, dem man in diesem armseligen Ort ein monumentales Denkmal errichtet hat. Obwohl an den Händen dieses Revoluzzers – seines Zeichens Humanmediziner – das Blut vieler unschuldiger Menschen klebt, wird er auch fünfzig Jahre nach seinem gewaltsamen Tod verehrt wie ein Heiliger. Das Che gewidmete Lied „Hasta siempre comandante“ – auf immer um ewig, Kommandant – hat sich zu einer Art Nationalhymne entwickelt. Der Geist Guevaras lebt weiter auf der Insel und manifestiert sich in diesem Diktum: “Man trägt die Revolution nicht auf den Lippen, um von ihr zu reden, sondern im Herzen, um mit ihr zu sterben.“ Doch die meisten Kubaner haben die Nase gestrichen voll von derart inhaltlosen Parolen und Castros ständig wiederholtem Aufruf: „Revolución o muerte.“ Die Menschen wollen nicht für eine Ideologie sterben, sondern ein besseres Leben in einem Land, das die Natur so reich beschenkt hat. Liebevoll beschreibt Cropp die tropische Pracht Kubas in all ihren Facetten und dokumentiert in jeder Zeile, wie eingehend er sich mit der Fauna und Flora der Insel beschäftigt hat.

Über Santa Ifigenia geht es heute zum berüchtigten Guantánamo, einem trostlosen Ort mit real existierenden sozialistischen Plattenbauten. „1903 besetzte die amerikanische Marine die südöstlich gelegene Bucht, seitdem gibt es Streit,“ resümiert Cropp lakonisch. Wohin der letztlich führte, wissen wir aus Beschreibungen von Folterungen in diesem von den Amerikanern betriebenen Straflager, das trotz aller Beteuerungen bis heute nicht aufgelöst ist und nur noch alte und kranke Insassen beherbergt. Verlassen wir dieses Schandmal fehlgeleiteter Politik und wenden uns der fast unberührten Natur zu, die der Autor nach seiner Exkursion in die Niederungen menschlicher Unbelehrbarkeit aufsucht. Seine Naturbetrachtungen gehören zum Lesenswertesten des Buches. Wer hatte je zuvor von dem Monte-Iberia-Fröschchen gehört, das mit seiner Größe von 10 Millimetern auf einer Fingerkuppe Platz hat? Ob Riesenspitzmaus oder seltene Vogelarten wie der Zuzun, ein kolibriartiges Vögelchen, das gerade einmal 1,8 Gramm auf die Waage bringt, Cropp hat diese kleinen Wunder der Wildnis im Visier und lässt uns an seiner Begeisterung teilhaben. Während seiner Wanderung unter 40 Meter hohen Königspalmen, Drachen- und Trompetenbäumen droht ihm keine Gefahr. Denn Giftschlangen und Vogelspinnen sind auf Kuba unbekannt.

Auf zur Schweinebucht! Wer denkt da nicht an die gescheiterte Invasion der Amerikaner im Jahre 1962. Ein Desaster für den seinerzeit amtierenden Präsidenten John F. Kennedy. Diese Episode darf in keinem Buch über Kuba fehlen. Cropp hakt sie kurz ab und begibt sich geradeswegs ans Wasser. Denn an diesem Tag ist eine Tauch- und Beobachtungstour angesagt, die zur Laguna de las Salinas führt. Hier gilt es an Deck eines Bootes Delfine und Haie zu beobachten. Die kabbelige See tut diesem Vergnügen keinen Abbruch.

Unter Krokodilen auf Sumpfsafari

Eine Sumpfsafari in einem unwegsamen Gelände, in dem sich Krokodile von stattlicher Größe tummeln, ist ein Erlebnis besonderer Art. Hier ist äußerste Vorsicht geboten, denn die Echsen sind erstaunlich gewandt und schnell. Der Legende nach haben die Taino, Kubas Ureinwohner, in den Sümpfen ihr Gold vergraben, um es vor den gierigen Konquistadoren in Sicherheit zu bringen. Ob der sagenhafte Schatz immer noch tief im Schilf unter den langen Wurzeln ewig blühender Seerosen schlummert? Die Begegnung mit den „Kroks“ verläuft ohne Zwischenfall. Und so verabschiedet sich dieser ereignisreiche Tag „mit einem grandiosen Sonnenuntergang. bei dem der Feuerball wie eine flammende Orange im Röhricht versinkt, Wasser und Himmel in mystisches Lila taucht.“ Poetischer kann man „eines langen Tages Reise in die Nacht“ nicht beschreiben.

Hemingways Wohnzimmer in Finca

Obwohl der Autor bekanntermaßen kein Fan Hemingways ist, kommt er am Ende seines Kuba-Aufenthaltes wiederum an Papa nicht vorbei. Die aufregende Fangfahrt im blauen Strom erinnert an das Opus Magnum Hemingways „Der alte Mann und das Meer“ und trägt demgemäß folgendes Zitat des Schriftstellers im Titel: „Der letzte Ort der Freiheit, den es gibt, ist das Meer.“ Cropp als ein mit den Wassern aller Meere gewaschener Fahrensmann ist kein ambitionierter Fischer, aber kann der Versuchung nicht widerstehen, auch einmal einen großen Fisch zu fangen. Bald hat er einen kapitalen Thunfisch am Haken. Nach einem langen Kampf mit diesem Meeresbewohner ist er fix und fertig und fragt sich nach dem Sinn der Übung. Was hat der Fisch ihm getan? Hat er nicht Besseres verdient als den Tod?

Versunken in voluminösen Kunststoffledersitzen eines Cadillac

Szenenwechsel. Dort, wo das Abenteuer Kuba begann, findet es auch sein Ende – in Havanna. „Gerade versinke ich in den voluminösen Kunststoffledersitzen eines Cadillac mit steilen Heckflossen. Eingequetscht zwischen einer Hausfrau mit vollen Tüten und einem Liebespaar. Der Dinosaurier ist mindestens 70 Jahre alt und nennt sich Taxi Particular.“ Wer schon einmal auf Kuba mit einem solchen Ungetüm auf den engen Straßen unterwegs war, weiß, wovon der Autor spricht. Das ist Lokalkolorit pur! Noch ein paar Tage auf der Insel und Cropp muss die Heimreise antreten. Ein Abschied, der wehmütig stimmt. Salud y adiós.

Mit „Kuba, Hemingway, eine Cohiba + ich“ hat Wolf Cropp wieder ein exzellent geschriebenes Buch vorgelegt, das jedem empfohlen wird, der Kuba besuchen oder aus der Ferne kennenlernen möchte. Bemerkenswert sind nicht nur die Beschreibungen von Land, Leuten und der einzigartigen Natur der Karibikinsel, sondern auch die geschichtlichen und ethnischen Bezüge, die ein paradiesisches Fleckchen Erde prägen, auf das vor nunmehr über fünfhundert Jahren ein Europäer zum ersten Mal seinen Fuß setzte. Mit den bekannten Folgen.

„Kuba, Hemingway, eine Cohiba + ich“ von Wolf Cropp, erschienen im Verlag Expeditionen, 304 Seiten, ISBN 978-3-947911-55-4, kostet 22 Euro

Fotos dieses Beitrags: Wolf-Ulrich Cropp

Odyssee in Südostasien. Wolf-Ulrich Cropp auf Spurensuche

Buchcover (Ausschnitt)

Was tun in dieser bleiernen Zeit? Theater- und Restaurantbesuche nur mit Impfzertifikat oder einem 48-Stunden-Test dürfte in der Tat nicht nach jedermanns Gusto sein. Auch das Reisen in ferne Kontinente ist mit allerlei Unbill verbunden. Wer sitzt schon gern maskiert zehn oder mehr Stunden in einem Flieger, ehe er sein Ziel erreicht. Ehe ich mich ständig diesem Stress unterziehe, greife ich lieber zu einem spannenden Buch, gebe mich dem Zauber exotischer Destinationen hin und lasse mich in unbekannte Regionen entführen. Heute ist „Eine Tigerfrau“ von Wolf-Ulrich Cropp angesagt. Ich lehne mich in meinem Sessel zurück und tauche in die geheimnisvolle Welt Südostasiens ein.

Die Odyssee durch das Goldene Dreieck war nicht geplant. Nach einem längeren Aufenthalt in Afghanistan will der bekannte Autor, Journalist und Weltreisende Wolf-Ulrich Cropp eigentlich nur eine Auszeit in Thailand nehmen. Eine Art Ferien vom Ich. Ausspannen, schwimmen, lesen und die Gegend erkunden. Doch es kommt anders, als die besorgten Eltern eines alten Schulfreundes ihn bitten, nach ihrem Sohn Klaus zu fahnden, der – vom Pfad der Tugend abgekommen – vor Jahren in den Weiten Südostasiens spurlos verschwand.

Spinnbeinige Mangroven und bizarre Kalkfelsen

Wir begleiten den Erzähler auf seiner abenteuerlichen Spurensuche, die in einem thailändischen Dorf hoch über der Andaman-See beginnt. Begeistert zelebriert Cropp die fast überirdische Schönheit der Landschaft: „Zwischen spinnbeinigen Mangroven und bizarren Kalkfelsen, in luftiger Höhe über der See“ hat er das Gefühl, mitten im Ozean zu liegen. Doch dieses wunderschöne Land hat viele Schattenseiten, die der Autor dem Leser nicht vorenthält. Beschreibungen grandioser Panoramen in diesem satt grünen tropischen Paradies wechseln ab mit grausamen Szenen, die sich in den Niederungen der Megacity Bangkok abspielen. Das Kapitel über einen Besuch im berühmt-berüchtigten Bang Kwang Gefängnis – von Zynikern Hotel Hilton Bangkok genannt – geht an die Nieren. Hier sitzen zahlreiche wegen Drogendelikten zu lebenslanger Haft verurteilte Europäer ein, die unter unmenschlichen Bedingungen in Chaos und unbeschreiblichem Dreck dahinvegetieren. Mit Erleichterung stellt Cropp fest, dass Freund Klaus nicht unter den Insassen weilt.

Das buddhistische Kloster Tham Krabok der suchtheilenden Mönche in Thailand

Die Suche geht weiter und entführt den Leser im Laufe der Handlung in die tropische Welt Thailands und Myanmars (früher Burma), in die Tiefen des Regenwaldes und zu den Highlights buddhistischer Baukunst. Der Autor genießt seinen Aufenthalt in vollen Zügen. Er lässt den Leser teilhaben an seiner Begeisterung für atemberaubende Landschaften und berichtet gleichzeitig über Begegnungen mit Einheimischen, die seinen Weg kreuzen. Doch im Garten Eden lauert auch die Schlange. Cropp thematisiert akribisch die dunkle Seite Thailands, wo Drogenbarone das Sagen haben und nur die Prostitution junger Frauen den Familien das Überleben ermöglicht. Das Kontrastprogramm zu diesem Elend findet im berühmten Fünf-Sterne-Luxustempel „Mandarin Oriental“ Bangkok statt, wo der Autor beim Verzehr sündhaft teurer Langustenschwänze einen ortskundigen Geschäftsmann trifft. Dieser gewährt ihm einen Einblick in Thailands Drogenwelt. Mohnanbau, Heroinlabore, Drogenschmuggel, erklärt der, waren gestern. Seitdem Afghanistan als Hauptlieferant für Heroin die Szene beherrscht, haben die Bosse im Urwald Giftküchen installiert, die in zunehmendem Maße Amphetamine produzieren. Ein Teufelskreis, aus dem es kein Entrinnen zu geben scheint. Ob Freund Klaus hier zu finden ist?

Wo ist Klaus?

Heute wenden wir uns der legendären „Brücke am Kwai“ zu. Die älteren Leser werden sich noch an den grandiosen von David Lean in Thailand gedrehten Film mit Alec Guinness in der Hauptrolle erinnern. Guinness spielt darin einen britischen Offizier, der mit seinen Kameraden während des Pazifikkrieges in die Fänge der Japaner gerät und gezwungen wird, eine Eisenbahnbrücke über den Fluss Kwai in Indochina zu bauen. Unvergesslich die Szene, in der die Gefangenen auf ihrem beschwerlichen Weg durch den Dschungel trotzig jene zündende Melodie pfeifen, die sich in den Endfünfzigern monatelang als Nummer eins in den internationalen Charts hielt. Das spannende Kapitel über den Bau, die Zerstörung und schließlich die Rekonstruktion der Brücke ist so anschaulich beschrieben, dass der Leser sich mitten im Geschehen wähnt.

Karenfrau in Nord-Myanmar: Wer schön sein Awill, muss leiden

Bislang gibt es noch immer keine heiße Spur, die auf den Verbleib von Freund Klaus hinweist. Doch Cropp lässt sich nicht entmutigen, sondern forscht unverdrossen weiter. Er lädt zu einer Flussfahrt auf dem Mekong ein, begleitet uns durch den Dschungel und stellt uns jene „Giraffenfrauen“ vor, die mit ihren in Metallreifen gezwängten überlangen Hälsen das weibliche Schönheitsideal Myanmars verkörpern. Schließlich kommt es zu der Begegnung mit „einer Tigerfrau“ namens Sami. Die Titelgeberin des Buches gilt als die Attraktion des Zoos von Bangkok, wo sie sich, Kopf an Kopf mit einem prachtvollen Königstiger, von sensationsgierigen Besuchern ablichten lässt.

Der Autor und haarigste Mönch in seiner Klause des Klosters Tham Krabok

Selbst ein unermüdlicher Geist wie Wolf-Ulrich Cropp benötigt hin und wieder eine Ruhepause. „Im Kloster am Wege beim Mönch ich verweile. Oh, kurze Muße im Leben voll Eile.“ Feng Meng-hung, der Verfasser dieses kurzen Gedichts, war offenbar ein sehr weiser Mann. Ihm will es unser Autor gleichtun. Denn wo entspannt der Mensch sich besser als in der Ruhe und Abgeschiedenheit eines buddhistischen Klosters. In Tham Krabok bezieht der „Novize“ eine karge Zelle und muss sich einem Initiationsritual unterziehen, das es in sich hat. Dem aus zahlreichen Heilpflanzen zusammen gemixten „Cocktail“ – mehr Brechmittel als Getränk – werden tiefenreinigende Kräfte nachgesagt. Cropp trinkt ihn todesmutig und unterwirft sich für mehrere Wochen den strengen Klosterregeln. Chapeau. Geschadet hat ihm diese Erfahrung in kratziger Mönchskutte bei karger Kost offenbar nicht. Ganz im Gegenteil. Sein – Zitat – „tausend Meilen langer Weg zu sich selbst“ hat ihn für sein künftiges Leben gestählt.

Mit dieser Einsicht endet eine grandios erzählte Reportage kreuz und quer durch die magische Welt verklärender Narrative und brutaler Einsichten in menschliche Abgründe. Nur eine Frage bleibt offen. Der geneigte Leser möchte endlich erfahren, ob der Autor auf seiner langen Reise den verschollenen Freund wiedergefunden hat. Darüber aber hier kein Wort. Wer das wissen will, muss „Eine Tigerfrau“ von der ersten bis zur letzten Zeile selbst lesen. Es lohnt sich.

Epilog

Was in sämtlichen Büchern des „globetrottenden“ Autors Wolf-Ulrich Cropp fasziniert, ist seine Fabulierkunst, angereichert mit einem genialischen Wissen über diverse Kulturen, Land, Leute und deren Befindlichkeiten. Der Autor wirft stets einen unverstellten Blick auf alles Fremde. Er versucht sich in andere Sitten und Gebräuche hineinzu“leben“ ohne jemals zu bewerten oder gar zu verurteilen.

Eine große Hilfe für den Leser ist der mehrseitige Abriss über den Buddhismus (Seite 419 ff.). In knapper klarer Form weist Cropp den Leser in die Lehre des Siddharta Gautama ein, der uns besser unter dem Namen Buddha (der Erleuchtete) bekannt ist.

Last but not least: Die zahlreichen vom Autor selbst geschossenen Fotos tragen nicht nur zum Verständnis, sondern auch zum Charme dieses Buches bei.

Buchcover

„Eine Tigerfrau“ von Wolf-Ulrich Cropp, erschienen im Verlag Expeditionen, 415 Seiten, ISBN: 978-3-947911-39-4 Preis: Euro 14,90

Mali, mon amour. Eine Expedition durch einen Wüstenstaat

Die Stelzentänzer der Dogon

Wer wagt eine Reise durch Mali, dieses arme, zumal durch Bürgerkriege zerrüttete Land im Westen des Schwarzen Kontinents? Gute Frage. Da gibt es eigentlich nur einen, der dieses trotz aller Gefahren faszinierende Land liebt und seinen Geheimnissen unbedingt auf die Spur kommen wollte. Der Autor heißt Wolf-Ulrich Cropp, der Grandseigneur in Sachen Expeditionen in Gegenden, die für die meisten von uns terra incognita sind. Mit „Mali und die Dschinns der Wüste“ hat der Autor ein Buch vorgelegt, das – 300 Seiten stark – den Leser vom ersten bis zum letzten Satz in seinen Bann schlägt.

Der erste Anlauf in Richtung Sehnsuchtsort misslang. Widrige Umstände verhinderten die Weiterreise von Nordafrika ins Innere des Kontinents. Resignation? Keine Spur. Dafür erkundet der Autor einen Teil Marokkos. Der Streifzug durch dieses Land, dessen Königsstädte, besonders Marrakesch, an Märchen aus 1001 Nacht erinnern, bilden die Ouvertüre zu weiteren Abenteuern, die noch im Dunkeln liegen. Cropp führt uns durch die blendend weißen Sanddünen der Sahara, gewährt Einblicke in von schattigen Dattelpalmen gesäumte Oasen und lässt uns an einem Ausflug in den Osten des Hohen Atlas teilhaben. Wir tauchen ein in das Gewusel der bunten lauten Märkte von Tanger und Casablanca und lassen uns von den Wohlgerüchen des Orients betören. Des Autors hohe Kunst des Erzählens führt den Leser mitten hinein ins Geschehen, lässt ihn hautnah teilnehmen am Erlebten.

Damit ist der erste Teil des Abenteuers Afrika zunächst beendet. Jedoch Schwierigkeiten sind dazu da, gemeistert zu werden, lautet die Maxime des Autors. „Die Kraft des Baobab, des Affenbrotbaumes, liegt in seinen Wurzeln“, besagt ein malisches Sprichwort, mit dem Cropps Einstieg in die 2-Millionen-Metropole Bamako beginnt. Die Zustände im „Maison des Jeunes“, wo der Mann sich einquartiert, entsprechen nicht den Vorstellungen verwöhnter Europäer. Statt klimatisierter Zimmer erwartet den Gast ein stickiger Schlafsaal mit Kakerlaken und anderem Getier. Während sich auf den Brücken der Stadt eine einem riesigen Wurm nicht unähnliche Autoschlange nur mühsam fortbewegt, waschen dunkelhäutige Frauen in den trüben Wassern des Niger ihre Wäsche und sehen den jungen Leuten zu, die ausgelassen in der Brühe baden. Lokalkolorit vom Feinsten. Hier und da ergibt sich ein Dialog mit einheimischen Händlern, die ihr großes Angebot an Souvenirs an den Mann bringen wollen und sich gleichzeitig einem Schwätzchen mit einem Fremden sehr aufgeschlossen zeigen.

Timbuktus Wahrzeichen: Die Moschee Sankoré

Wir verlassen Bamako und wenden uns der Großen Moschee von Djenné zu, einem Gotteshaus, das mit seiner Wehrhaftigkeit einer gigantischen Trutzburg gleicht. Und weiter geht es nach Fourou, zu einer der Goldgruben Afrikas. Viele arme Schlucker hoffen, hier das große Los zu ziehen. Aber es sind die mächtigen Konzerne und politische Kreise, die den Reibach machen. Die kleinen Leute gehen, wie üblich, leer aus. Kismet. Das nächste Kapitel widmet sich der abenteuerlichen Flussfahrt auf einer Pinasse, die ihren Anfang in Mopti am Zusammenfluss von Niger und Bami nimmt und fünf Stunden später wegen eines Motorschadens ihr unrühmliches Ende findet.

Endlich liegt sie vor uns: Timbuktu, die Stadt der Legenden und Geheimnisse, die den Autor schon aus der Ferne in seiner Jugend faszinierte. „Da war sie wieder, die Vorstellung vom magischen Ort der Sehnsüchte und Begierden“, schreibt er. „Allein der Name ‚Timbuktu’ beseelt Entdeckerlust. Eine Oase, die die Fantasie anregt, Sklaven- und Schutzkarawanen kommen und am Horizont entschwinden lässt … Die aber auch von Glanz, Reichtum, ja sogar von Wissenschaft, Lehre und Forschung berichtet.“ Diese „Perle der Wüste“, „Stadt der 333 Heiligen“ und einstiges Zentrum islamischer Wissenschaft und Kultur, ist kostbarer Bestandteil des UNESCO Weltkulturerbes. Hier ist der Autor in seinem Element. Ein anderer Hamburger, der Afrika-Forscher Heinrich Barth, hat an diesem magischen Ort bereits im 19. Jahrhundert akribisch geforscht und unauslöschliche Spuren hinterlassen. In der Rue Heinrich Barth besucht der Hanseat Cropp das kleine Museum und entrichtet unter der Gedenktafel seinen Obolus. Ehre, wem Ehre gebührt!

Tuareg in Timbuktu

Die Fahrt durch die Wüste bei sengender Hitze nimmt nur ein Masochist auf sich oder einer, der den Geschehnissen aus dem Jahre 2003 auf die Spur kommen will. Rufen wir uns doch den Austausch deutscher Geiseln gegen Terroristen ins Gedächtnis, der tagelang Thema Nummer eins in Rundfunk, Fernsehen und Presse war. Hier, wo rivalisierende Tuareg-Clans und Glaubensfanatiker ihr Unwesen treiben, fand die lebensgefährliche Aktion statt. Der Autor beschreibt sie so lebendig, als wäre er selbst dabei gewesen. Die Wüste fasziniert ihn, obgleich er ihre Gefahren und Tücken bis ins Detail kennt. Diese Leidenschaft teilt er mit dem legendären Flugpionier Antoine de Saint-Exupéry, der die Wüste einst als die schönste und gleichsam traurigste Landschaft auf Erden pries.

Im Kapitel „Am Rande des Abgrunds“ kommen wir endlich mit den im Titel des Buches erwähnten Dschinns in Berührung. Dschinns sind böse Geister in der Gestalt islamistischer Gruppierungen, denen sich zeitweise die Tuareg anschlossen: Rebellengruppen aus Algerien, dem Niger, dem Nordosten Malis und Libyen. Kein schöner Gedanke, bei einem Ritt auf dem Dromedar diesen finsteren Gesellen zu begegnen. Doch der Autor ist offenbar ein Sonntagskind, denn, wie man auf gut hamburgisch zu sagen pflegt: „Es hat ja noch mal gut gegangen“ während seines nicht ungefährlichen Ausflugs in die Wüste. Wohl auch, weil er sich an die alte Tuareg-Weisheit hielt, die fordert: „Ein Reisender soll Augen und Ohren aufreißen, nicht das Maul.“ Ita est.

Mali – zum letzten Mal. Wirklich? Bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Denn zuvor lassen wir uns noch auf den „Fluss der Krokodile“ und in eine Fetischhöhle entführen. Auch einem Besuch in der “Bar der Ratten“ weicht der Autor nicht aus. Sie befindet sich in einem Hotel in Kora, aus dem sich diese unappetitlichen Nager nicht vertreiben lassen wollen. So lässt man sie halt gewähren. Afrikanisches laisser-faire, laisser-aller halt: „Hélas, on n’en peut rien faire.“ Man kann leider nichts dagegen tun, heißt es mit einem Achselzucken. Aber keine Sorge. Die Hotelangestellten beteuern, es gehe keine Seuchengefahr von den Viechern aus. Hoffen wir’s Beste, liebe Leser.

Der Besuch einer Schule in Touréla, in der unter primitivsten Umständen zweisprachig unterrichtet wird, in der Landessprache Bambara und auf französisch, räumt mit vielen Vorurteilen über die oft zitierte Trägheit der Afrikaner auf. Trotz Saunatemperaturen in einem kleinen, mit fünfzig Kindern besetzen Klassenraum geht es sehr diszipliniert zu. Den Nachwuchs dürstet es nach Wissen. So nehmen die Kleinen häufig mehrstündige Wege auf schlechten Straßen und schlammigen Pfaden in Kauf, um lesen, schreiben und rechnen zu lernen. Alle Achtung! Bildung war von jeher der erste Schritt in eine bessere Zukunft.

Mir hat die Lektüre dieses Buches großes Vergnügen bereitet, zumal ich dabei viel über diesen Teil Westafrikas erfahren habe, von dem ich vorher so gut wie nichts wusste. Mein herzlicher Dank für diese „Erleuchtung“ gilt dem Autor Wolf-Ulrich Cropp. Zum Schluss soll der Abenteurer und Weltenbummler noch mit einem Bekenntnis zu Wort kommen: „Der Mensch braucht das Gefühl von unentdeckten Horizonten, das Geheimnis unbewohnter Landstriche. Er braucht den Ort, wo Wild auf der Jagd ist, weil Land, das Wild hervorbringen kann, gesundes, robustes Land ist.“ Dem ist schwerlich etwas hinzuzufügen.

Ich möchte noch auf den umfangreichen Anhang aufmerksam machen, in welchem der Autor neben einem Abriss zur Geschichte Malis wertvolle Hinweise und Empfehlungen für Wüstenfahrer erteilt. Hinweise auf Sehenswürdigkeiten und eine Fotogalerie im Inneren des Buches tun ihr Übriges, um das Lesevergnügen zu steigern.

„Mali und die Dschinns der Wüste“ von Wolf-Ulrich Cropp
300 Seiten, reich illustriert, ist im Verlag Expeditionen erschienen
– ISBN 978-3-947911-20-2 – Preis: Euro 14,90

(Fotos: Wolf-Ulrich Cropp)

 

 

Abenteuer eines Weltenverstehers

Wolf-Ulrich Cropp las aus seinen neuesten Werken

An diesem Abend des 11. April schwieg die Orgel. Wo sonst Präludien von Bach und Buxtehude erklingen, erfüllten afrikanische Dschembé-Rhythmen die Kirche der Evangelisch-methodistischen Gemeinde in Hamburg-Eppendorf. Die Hamburger Autorenvereinigung hatte zu einer Lesung aus den neuesten Werken Ihres Mitglieds Wolf-Ulrich Cropp geladen.

In seinem Buch „Im Schatten des Löwen“ entführt uns der Autor in den Süden Afrikas – nach Simbabwe, Botswana und Namibia. Als der Mann mit der kecken weißen Mütze auf dem Kopf zu lesen beginnt, kann man eine Stecknadel zu Boden fallen hören. Die Reise ins Reich des Robert Mugabe, sozusagen in die „Höhle des Löwen“, erfordert schon eine gehörige Portion Mut. Die völlig irrationalen Vorschriften in diesem Land versteht kein Europäer. Man kann völlig grundlos von der Polizei festgenommen und eingekerkert werden, ohne etwas dagegen unternehmen zu können. Wie das folgende Beispiel zeigt:
„In den Morgenstunden meiner Verhaftung, Arrestierung …. bin ich einfach zu spät aufgewacht“, schreibt Cropp. Dass nun ausgerechnet ein Marabu, ein Unheil verkündender Vogel, der sich von Aas ernährt, vor der Zelle hockt und ihn beäugt, verheißt nichts Gutes. Wie soll der „Delinquent“ nur dieser Hölle entkommen? Aber der Autor kennt seine Tricks. Gerade wenn es spannend wird, blockt er ab. Honi soit qui mal y pense. Wer Näheres wissen will, soll halt das Buch erwerben und lesen, wie er sich schließlich aus dieser misslichen Lage befreite.

Abenteuer auf dem Schwarzen Kontinent

Eine kleine Indiskretion sei an dieser Stelle erlaubt. Auch im sozialistischen Paradies des Herrn Mugabe wirkt Bakschisch wie ein Sesam öffne dich. Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis war Cropps Weg frei für veritable Abenteuer auf dem Schwarzen Kontinent. Manche unter ihnen ließen dem Zuhörer das Blut in den Adern erstarren. Selbst jenes aus zweiter Hand wie das Schicksal der Reptilienforschers Dr. Jonas Hamilton, der nach Einbruch der Nacht im Sambesi von einem etwa fünf Meter langen Krokodil angegriffen wurde und in dessen mit Knochen, Fell und Kot übersäten Höhle landete. Nur mit Mühe konnte er sich trotz einer schweren Verletzung ans Ufer schleppen, wo ihn helfende Hände fanden und ins nächste Hospital schafften. Während eines Aufenthaltes in der Psychiatrie erhängte sich der schwer traumatisierte Mann später. Hat Wolf Cropp sich etwa durch diese Horrorgeschichte von seinen gefährlichen Abenteuern zu Lande und auf dem Wasser abhalten lassen? Mitnichten. Ganz im Gegenteil, denn bereits am nächsten Tag ruderte er mit seinen Begleitern „ins Inselgewirr vor den (Victoria) Fällen; vorbei an Princess Christian Island, Princess Victoria Island schließlich Livingstone Island“. Und dies trotz aller Gefahren, die in der Tiefe des Flussbettes lauerten. Denn noch gefährlicher als Krokodile sind die Flusspferde – Hippopotamus, im Plural kurz Hippos – die gern einmal mit ihren massigen Körpern unter die Boote tauchen und sie zum Kentern bringen. Wer einmal das aufgerissene Maul eines solchen Ungeheuers gesehen hat (im Buch zu besichtigen auf Seite 78), erkennt, welch tödliche Verwundungen dessen riesige Hauer anrichten können. Dennoch, die Flussfahrt geriet zu einem wunderbaren Ausflug, der im Victoria Falls Hotel mit einem festlichen Dinner gekrönt wurde. Als Hauptgericht wurden Steaks vom Krokodil gereicht. Nach Auskunft des Autors eine Delikatesse, zart wie Geflügel, nur ungleich würziger. Den Nachtisch an diesem Abend servierten die beiden leidenschaftlichen Musikerinnen der Gruppe Toubaba in Form einer getrommelten Eigenkomposition. Hinreißend!

Jenseits der Westwelt – Wasser – Wüste – Eis

Der zweite Teil der ebenso kurzweiligen wie spannenden Lesung war Ausschnitten aus „Jenseits der Westwelt– Wasser – Wüste – Eis“ gewidmet. Wiederum ein erstaunliches Buch, das den Leser auf die Reisen – oder besser – Expeditionen des Autors in die unterschiedlichsten Klimazonen dieser Welt mitnimmt. Hier hatte Cropp das Kapitel über Sitten und Gebräuche der Mursi im Süden Äthiopiens ausgewählt. In diesem riesigen Gebiet mit seinen Savannen und hohen Bergen gelten Frauen als besonders begehrenswert, wenn sie Tellerlippen haben, deren „Besitz“ eine langwierige und schmerzhafte Prozedur voraussetzt. Wer also schön sein will. muss leiden. Wolf Cropp schildert diese barbarische (Un)sitte in seinem Buch sehr detailliert. Jungen Mädchen am Ende der Pubertät wird die Haut unter der Unterlippe ausgeschnitten, zwei untere Schneidezähne werden gezogen, und die erste kleine Scheibe wird eingesetzt. Diese Scheiben – wahlweise aus Ton oder Holz – werden über einen längeren Zeitraum immer größer, wobei auch die Unterlippe ausgedehnt wird, bis sie die Größe eines Tellers erreicht hat. Gott sei Dank schwindet dieser Brauch, der, wie die Mursi sagen, nur das Erwachsen- und Älterwerden symbolisiert, immer mehr aus dem Alltag der Menschen. Junge Mädchen verweigern sich heute dieser grausamen Prozedur, die ihre Mütter und Großmütter noch klaglos ertragen mussten.

Fazit: Ein sehr gelungener Abend mit einem Autor, der die seltene Gabe besitzt, seine eigenen Werke flüssig ohne übertriebenes Pathos zu lesen und der das Publikum vom ersten Augenblick in seinen Bann schlägt. Wolf-Ulrich Cropp ist Schriftsteller und Forscher in Personalunion und steht ganz in der Tradition eines Alexander von Humboldt, der gleich ihm die Welt bereiste, um sie zu erkunden und die verschiedenen Ethnien zu verstehen, ohne die Menschen anderer Kulturkreise zu bevormunden oder ihnen unsere westliche Zivilisation überstülpen zu wollen. Wolf Cropp beeindruckt durch seine Art, jedem, den er auf seinen ausgedehnten Reisen trifft, freundlich und einfühlsam zu begegnen.

Es liegt ihm fern, Sitten und Gebräuche zu kritisieren – selbst wenn sie ihm noch so befremdlich erscheinen. Sicherlich ist das auch einer der Gründe, warum er von seinen waghalsigen Abenteuern kreuz und quer durch alle sechs Kontinente stets unversehrt zurückgekehrt ist. Wolf Cropps Fangemeinde wünscht sich noch viele weitere spannende Bücher, die allerdings einen Nachteil haben. Nämlich den, dass es sie (noch) nicht als Hörbücher gibt. Über dieses Thema sollten seine Verlage einmal gründlich nachdenken.

„Im Schatten des Löwen“, erschienen bei DuMont, kostet Euro 14.99
„Jenseits der Westwelt“, erschienen bei Kadera, kostet Euro 26,–

Kontroverse Erinnerung an das Ende des 1. Weltkriegs vor 100 Jahren

Von Immo H. Wernicke

Pilsudski-Skulptur aus Sand in Swinemünde im Sommer 2018

In Paris gedachten die Staats- und Regierungschefs der ehemaligen Weltkriegsgegner des vor 100 Jahren am 11. November 1918 abgeschlossenen Waffenstillstands in Compiègne zur Beendigung des I. Weltkriegs. Vier Jahre zuvor, im Sommer 1914 waren die damaligen Kontrahenten in den „I. Weltkrieg hineingestolpert“. So hat es Cristopher Clark in seinem Buch „The Sleepwalkers“ beschrieben, das er mit dem damaligen Außenminister Frank W. Steinmeier 2014 im historischen Museum in Berlin vorstellte.

Der junge Historiker Jörn Leonhard analysiert in seinem ebenfalls 2014 erschienenen Buch „Die Büchse der Pandora“ den Verlauf und das Ende des Krieges sowie dessen umwälzende Folgen. Das umfassende Werk beschreibt auch die von Historikern und Politikern meist vernachlässigten militärischen und politischen Geschehnisse vor hundert Jahren im Osten. So hatte sich die Kriegslage bis Anfang 1918 für die Mittelmächte noch recht günstig entwickelt. Durch erfolgreiche militärische Vorstöße, die Revolten in der russischen Armee 1917 und den folgenden Bürgerkrieg musste Russland seine in der Vergangenheit eroberten Gebiete im Westen (Polen, Litauen, Weißrussland), im Norden (Estland, Lettland, Finnland) und im Süden (Ukraine, Kaukasus) räumen. Im Frühjahr 1918 wurden in dem separaten Friedensvertrag von Brest Litowsk diese Gebiete formell abgetrennt und zu eigenständigen Staaten deklariert. Den national orientierten Bevölkerungen war es gelungen, sich von der russischen Herrschaft zu befreien. Dabei blieb es zunächst auch nach 1918, trotz der von den Westmächten erzwungenen Annullierung dieses Separatfriedens.

Dank an deutsche Unterstützung zur Unabhängigkeit Georgiens 1917/18

Ihrer 1918 errungenen Unabhängigkeit von Russland gedachten diese Staaten auch in ihren Botschaften in Berlin. Bereits im Sommer 2017 feierte Finnland unter großer Publikumsteilnahme sein 100 jähriges Unabhängigkeitsjubiläum in der Nordischen Botschaft. 2018 fanden die Feierlichkeiten in Warschau und andernorts in Polen statt. Selbst in kleineren Orten wie Swinemünde (Swinoujscie) auf Usedom beging die Bevölkerung den 100. Jahrestag ihrer neugewonnenen Nationalstaatlichkeit und der Loslösung von russischer Herrschaft. Eine besondere Rolle spielt dabei der bis heute umstrittene Staatengründer Marschall Józef Pilsudski. An ihn erinnert auch eine 2018 aus Ostseesand gebaute Skulptur an der Promenade von Swinemünde (Foto 1). Bundespräsident Frank W. Steinmeier würdigte Pilsudski in seiner Rede im Juni in Warschau auf dem polnischen Jubiläumskongress als Gründer der Republik Polen. Unerwähnt lässt er dessen Rolle als Kommandeur einer Brigade der polnischen Legion, die auf Seiten der Mittelmächte gegen die russische Armee und für ein unabhängiges Polen kämpfte. Anders als der Bundespräsident, verweist der junge Historiker Jörn Leonhard darauf, dass Polen bereits im November 1916 von den Mittelmächten als eigenständiges Königreich restituiert wurde. Der damalige Regentschaftsrat ernannte Pilsudski im November 1918 zum polnischen Befehlshaber und zum Staatspräsidenten.

Weniger bekannt ist, dass auch Georgien seiner vor 100 Jahren wieder errungenen Unabhängigkeit auch in der Botschaft in Berlin gedacht hat. Die georgische Regierung dankte sogar ganz offiziell Deutschland für die Unterstützung der georgischen Selbständigkeit vor 100 Jahren. (Foto 2).

Zum Ende des I. Weltkriegs zieht Historiker Jörn Leonhard das Fazit: „Der Weltkrieg endete, aber viele Kriege setzten sich fort, oder sie begannen.“

Anlässlich des Kriegsendes vor 100 Jahren wurde auch im Deutschen Bundestag am Volkstrauertag in besonderer Weise der Opfer beider Weltkriege gedacht. In einer sehr engagierten, viel beachteten  Ansprache rief der französische Staatspräsident Emmanuel Macron in Berlin zu einer „nouvelle étape“ der Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Frankreich und seinen Partnern auf, um Europa wieder voranzubringen und seine Rolle in der Welt zu stärken.

Klezmerklänge und Falafel  – Bummel durch Budapests altes jüdisches Viertel

Dieser Artikel erschien in der
August-Ausgabe des Deutschen Ärzteblattes.

Große Synagoge, Foto ArvidO, PixabayEs mag etwas abgeschmackt klingen. Aber die Elisabethstadt, Budapests altes jüdisches Viertel, ist wieder auferstanden aus Ruinen. Wie Phönix aus der Asche. Es beginnt gleich hinter der Großen Synagoge am Kleinen Ring.

Alteingesessene freuen sich, dass dieser ehemals herunter gekommene Stadtteil  sich inzwischen zu einem In- und Ausgehviertel gemausert hat, in dem es bis in die frühen Morgenstunden brummt. Alte baufällige Häuser wurden entkernt, restauriert, verputzt und strahlen jetzt in neuem Glanz. Restaurants, in der eine exzellente Koscher-Küche zelebriert wird, eine Vielzahl an Cafés, Geschäften und schicken Boutiquen prägen das Gesicht des Viertels und legen Zeugnis ab vom Wiedererwachen jüdischer Kultur in Budapest. „Den Grundstein legten unsere Vorfahren im 19. Jahrhundert, als sie als sie sich auf der Pester Seite außerhalb der einstigen Stadtmauer ansiedelten“, erklärt eine junge Stadtführerin namens Esther während eines Rundgangs durch das lebhafte, aus allen Nähten platzende Viertel.

Schon aus der Ferne grüßt die imposante Pester Synagoge in der Dohány utca.

Dieser von 1854-59 im  maurisch-byzantinischen Stil ausgeführte Bau geht auf die Pläne des österreichischen Architekten Ludwig Förster zurück und gilt als größter jüdischer Tempel Europas. Das angeschlossene jüdische Museum mit seinen zahlreichen religiösen Kultobjekten ist ein Muss für jeden Besucher. Das gleiche gilt für den Raoul-Wallenberg-Gedenkpark  in der Wesselényi utca mit dem „Baum des Lebens“, der den vielen dem Naziterror zum Opfer gefallenen Menschen ein würdiges Denkmal setzt.

Nach diesem Ausflug in die dunkle Vergangenheit heißt es auf zur „grünen Lunge“ der Elisabethstadt, wie die kleine parkähnliche Anlage rund um den Klauzál ter im Volksmund gern genannt wird. An diesem sonnigen Mittag tummeln sich hier die Anwohner. Unter die Hausfrauen, die sich nach ihren Einkäufen in der nahen Markthalle zu einem kurzen Plausch treffen, mischen sich Schuljungen, manche mit der Kippa auf dem Kopf. Pralles jüdisches Leben mitten in der Donau-Metropole!

Die „Ruinenkneipen“ sind eine Besonderheit im  Schtetl. Junge Leute, oftmals Künstler, schufen in leer stehenden Gebäuden eine alternative Kulturszene. Cafés und Galerien schossen Anfang dieses Jahrhunderts wie Pilze aus dem Boden und mischen bis heute das alte Viertel gründlich auf. Da viele der Häuser einen geräumigen Innenhof besitzen, wurden hier auch lauschige Biergärten angelegt, die sich bei Einheimischen und Touristen großer Beliebtheit erfreuen.

Kosher und Klezmer ergänzen sich auf das Allerbeste. Wie wäre es mit einem Schlenker in die grundsanierten Passagen zwischen Dob utca und Király utca? In diesen einst etwas schmuddeligen Hinterhöfen haben sich zahlreiche Kneipen und Restaurants angesiedelt. Letzere  servieren eine Auswahl  an koscheren Köstlichkeiten wie gefillte Fisch, Lammwürstchen mit Harissa und knusperiges Falafel. Während aus einer benachbarten Kneipe helle Klarinettentöne der schwermütigen Klezmer-Musik herüberwehen, fühlt man sich in eine längst vergangene Epoche versetzt. Das nach dem Krieg verschollene  jüdische Erbe ist an seinen Ursprungsort zurück gekehrt. Shalom.

 

2017 feiert Finnland hundert Jahre Unabhängigkeit

Dieser Artikel erschien unter der Überschrift „Ein Großfürstentum wird unabhängig und Republik“ am 1.  Dezember 2017 im Geschichtsteil der PAZ.  Der Schluss wurde von der Autorin etwas verändert.

von Uta Buhr

Der Dom

Finnland, das „Land der tausend Seen“ im nördlichsten Teil Europas, erstreckt sich über eine Fläche von knapp 340.000 Quadratkilometern. Es ist somit etwas kleiner als die Bundesrepublik. Während Deutschland eine Bevölkerung von 80 Millionen aufweist, ist Finnland mit lediglich 5,5 Millionen Menschen äußerst  dünn besiedelt. Das offizielle Idiom  ist finnisch, gefolgt vom Schwedischen als anerkannte zweite Amtssprache.

Der 6. Dezember war von jeher ein  besonderer Tag im Leben eines jeden Finnen. 2017 aber wird dieses Datum mit großem Pomp gefeiert, denn vor genau einhundert Jahren erlangte Finnland seine Unabhängigkeit. In den Wirren der Oktoberrevolution ergriff das Land die Gelegenheit beim Schopfe, sich vom zaristischen Russland loszusagen. Unter der Führung von Senatspräsident Evind Svinhufvud unterzeichnete das Parlament mit knapper Mehrheit von 100 zu 88 Stimmen die Unabhängigkeitserklärung, welche  am 31. Dezember 1917 von der neuen sowjetrussischen Regierung anerkannt wurde. Continue reading „2017 feiert Finnland hundert Jahre Unabhängigkeit“

Faszination Porträtfotografie

Bilder aus vier Kontinenten in der Galerie IMBA

von Lilo Hoffmann

Mit Fotografie beschäftigte sich Norbert Becke schon lange Zeit. Das brachte sein Beruf als Graphik-Designer so mit sich. Selbstverständlich war auch auf all seinen Reisen die Kamera dabei. Als er vor etlichen Jahren zum ersten Mal mit seiner Frau durch Afrika reiste, faszinierten ihn die Menschen, die dort leben. Er drückte auf den Auslöser und entdeckte  seine Liebe zur Porträtfotografie.

Stets aufs Neue zog es ihn nach Afrika. Insgesamt reiste er durch 15 afrikanische Länder und fotografierte unter anderem Menschen in Tansania, Äthiopien, Namibia und Marokko. „Ich führe zunächst ein kurzes Gespräch“, erklärt Norbert Becke, „frage um Erlaubnis. Manchmal genügt aber schon ein Lächeln oder eine Geste, um das Eis zu brechen.“

Stolz auf den Schmuck: Dassanech-Mädchen aus Äthiopien. Fotos: Hoffmann

Viele der Frauen, die der Heidelberger fotografierte, sind stolz auf den `Schmuck´, den sie tragen. Der besteht allerdings oftmals aus weggeworfenen Gegenständen, die sie auf der Straße finden, wie zum Beispiel  Flaschen, Plastikperlen oder Kronkorken. Auch das Mädchen auf unserem Foto trägt Kronkorken im Haar. Es gehört zu einem Hirtenvolk, das im Grenzgebiet von Äthiopien und Kenia lebt.

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Ein verstecktes Kronjuwel am Balaton

Balaton I
Balaton I

von Ferenc Horváth

Vor nunmehr 150 Jahren wurde der habsburgische Kaiser Franz Joseph nach dem Ausgleich zwischen Österreich und Ungarn feierlich mit der ungarischen Stephanskrone zum König von Ungarn gekrönt. Daraufhin bezog er mit seiner Gemahlin Elisabeth – allgemein als Sisi bekannt –  die Burg zu Buda.

Nach dem Ersten Weltkrieg und dem sogenannten „Trianon-Diktat“ – offiziell Friedensvertrag von Trianon – hat Miklos Horthy, der Reichsverweser des damaligen ungarischen Königreichs – ebenfalls mehrere Jahrzehnte lang dort residiert. Continue reading „Ein verstecktes Kronjuwel am Balaton“

Das Volkstheater in Kaskantyu

von Ferenc Horváth

Szene aus dem Volkstheater
Szene aus dem Volkstheater

Das turksprachige Volk der Kiptschak war ursprünglich in der Nähe des Flusses Irtysch ansässig, also unweit der Grenze zur Volksrepublik China. Varianten und abweichende Transkriptionen des Namens dieser Volksgruppe sind bei den Westeuropäern – und früher auch unter den Byzyntinern – als Kumanen bzw. Komanen bekannt. Der Tartarensturm hatte die Kumanen immer mehr nach Westen gedrängt, bis sie unter der Führung von Kotjan Khan (1202 – 1241) durch König Béla IV. autorisiert wurden, auf ungarischem Territorium zwischen Donau und Theiß zu siedeln. So heißt es bei Wikipedia.

Kaskantyu, ein knapp 1000-Seelen-Ort in der ungarischen Puszta, war in seinem Ursprung ein kumanisches Dorf. Hier hat Tradition noch einen hohen Stellenwert, denn seit 40 Jahren werden hier an drei Tagen die so genannten „Faschingsfestspiele“ abgehalten. Zwischen 40 und 50 Personen, allesamt Amateure, sorgen mit Hilfe fast aller im Ort ansässigen Menschen für den Ablauf dieser Festspiele. Die Truppe nennt sich „Komedias Kompania“, was soviel bedeutet wie „Komödiantische Truppe.“ Das Alter der Mitwirkenden schwankt zwischen 6 Jahren bis zum Rentenalter und sogar darüber hinaus. Auf Einladung unserer Freunde landeten wir in diesem Ort ohne vorher zu wissen, was uns erwartete. Wie groß war daher unsere Überraschung.

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Ein Traum

von Ferenc Horváth

Unser Mitglied Ferenc Horváth ist ein sehr umtriebiger Mann, der die ganze Welt bereist und
immer interessante Geschichten mitbringt. Diesmal hat er einen ganz großen Bogen geschlagen und ist von Vietnam direkt nach Hamburg zurück geflogen, um sich einen Traum zu erfüllen – ein Konzert in der Elbphilharmonie, kurz Elphi. Hier ist sein Erlebnisbericht:

Bild 1
Bild 1

Ich bin gerade vor dem Opernhaus in Saigon gestrandet. Kurz zuvor hatte ich mich noch an einer guten Pho-Suppe am Bien Than Markt gestärkt. Auf geht’s zu einer Vorstellung der Gruppe Aio. Das ist eine Mischung aus vietnamesischer Kultur und Elementen des Cirque de Soleil. Ein wahrer Genuss nach all den Gräueln, die ich am Morgen im Kriegsmuseum hatte über mich ergehen lassen.

In Yangon erwartet uns das Weltwunder Shwedagon. Mystik pur umgibt den Besucher. 60 Tonnen Gold leuchten in den unterschiedlichsten Nuancen. Hier vergisst man Zeit und Raum. Hier treffen Mönche und Betende mit Touristen aus aller Welt zusammen. Mit einem kleinen Flieger geht es weiter in Richtung Bagan. Über 3.000 Pagoden und Continue reading „Ein Traum“

Tadschikistan – „das Land der Krone“

von Ferenc Horvath (Text und Fotos)

Bild 2
Bild 2

Man nennt dieses in Zentralasien gelegene Land wegen seiner Form auch „Hasenland.“ Es ist auch das Land der Arier, das zu 93% aus Gebirgszügen besteht – den höchsten in der seinerzeitigen Sowjetunion. Der höchste Berg ist die Leninspitze. Das Territorium weist zudem 2.000 Seen und 8.000 Gletscher aus. Ein weiterer Superlativ sind 300 Sonnentage im Jahr. Ein atemberaubendes Land! Continue reading „Tadschikistan – „das Land der Krone““

Transistrien – ein unbekannter europäischer Nachbar

Transistrien III
Transistrien III

von Ferenc Horvath

Existiert dieses Land namens Transistrien eigentlich wirklich? Ja, denn de facto ist es laut Wikipedia seit 1992 unabhängig. „Im Jahre 2004 hatte Transistrien 555.000 Einwohner. Es ist ein bedeutendes Zentrum der Schwerindustrie und steht unter entscheidendem russischen Einfluss. Völkerrechtlich wird die Region allerdings weiterhin als Teil Moldawiens betrachtet. Bislang erkennt kein anderer Staat, keine andere Region oder internationale Organisation das Land als souveränen Staat an. Transistrien ist aber seit 1990 faktisch von der Zentralregierung in Chisinau unabhängig und verfügt u.a. über eine eigene Regierung und Währung. Gleiches gilt für die Verwaltung und das Militär. Das Land ist Continue reading „Transistrien – ein unbekannter europäischer Nachbar“

Das Glitzerimperium von Wattens – die Swarowski Kristallwelten

Dieser Artikel erschien am 31. Juli in Schleswig-Holstein am Sonntag

von Uta Buhr

Kristallwolke
Kristallwolke

Es ist früher Morgen. Die Tautropfen auf den Wiesen glitzern mit den Kristallen um die Wette, welche in die aus grauem Drahtgeflecht bestehende Wolke eingewebt sind. Das Kunstwerk schwebt über den Swarovski Kristallwelten, die sich heute über eine Fläche von insgesamt 7,5 Hektar erstrecken. Der Magie des 1995 vom genialen Künstler und Schöngeist André Heller anlässlich des hundertjährigen Jubiläums der Kristallmanufaktur im idyllischen Inntal geschaffenen Glitzerwelt kann sich kaum ein Besucher entziehen. Inzwischen ist ihre Zahl auf jährlich 850.000 angewachsen. Tendenz steigend.

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