erschienen im Hamburger Abendblatt am 11. April 2011
von Johanna R. Wöhlke
Wann ist ein Arzt ein guter Arzt? Sich diese Frage zu stellen, bedeutet, sich auf glattes Eis zu begeben. Zu oft schon habe ich es erlebt, dass Patienten von ein und demselben Arzt ganz unterschiedliche Meinungen vertreten haben: einmal war er klasse, einmal war er einfach nur miserabel. Warum ist das so?
Die naheliegende Antwort ist wohl: Menschen sind Individuen und nehmen individuell wahr. Jeder von uns schaut alles – also auch einen Arzt – durch seine „Brille“ an. Wie aber ist es dann möglich, eine halbwegs objektive Einschätzung einer Person und ihrer Arbeit zu bekommen? Fragen über Fragen tun sich auf.
Schwierig in diesem Zusammenhang ist wohl die Ansicht – warum auch immer sie sich in den Köpfen der Menschen festgesetzt haben mag – ein Arzt könne gesund machen. Ich behaupte, das kann er nicht. Aber er kann etwas ganz Wunderbares: Er kann sein Wissen und die Möglichkeiten der Medizin dafür einbringen, Menschen dabei zu helfen, gesund zu werden! Jeder Arzt verzeihe mir meine laienhafte Meinung – zum Gesundwerden gehören immer drei: das ärztliche Wissen, der Patient als Persönlichkeit und die „black box“ seines kranken Körpers.
Da hat alles seinen Platz: Gläser, Kanülen, Pillen, Spritzen, Beutel, Schläuche, Messer und Scheren sowie auch Fragen und Hören, Schauen und Tasten, Fühlen und Horchen, Lieben und Reden, Glauben und Hoffen.
Am Ende wünschen wir uns alle, Menschen zu bleiben aus Fleisch und Blut. Mitten im Leben. Die moderne Medizin hilft dabei auf wunderbare Weise und der Dank ihr gegenüber und den Menschen, die dort ihren Dienst tun, sollte nie vergessen werden.