Von Hans-Peter Kurr
Anmerkungen zur neuesten Produktion der Hamburger Theaterakademie
Wieder eine der künstlerisch als durchaus überraschend hochrangig einzuordnenden musikalischen Produktionen der Theaterakademie Hamburg, diesmal Léhars dreiaktiges Operettenwerk „Die lustige Witwe“ gilt es hier und heute zu würdigen…an einem sehr merkwürdigen, aber intelligent umfunktionierten Ausweichquartier der Hochschule für Musik und Theater, einer riesigen Halle am Wiesendamm in Barmbek zur Premiere gebracht…
Zwar leuchtet auf den ersten Blick nicht ein, wie sich die Inszenierung in die bisherige so seriöse Produktionskette der Akademie einordnen lässt (Wahrscheinlich, weil trotz der völlig abstrusen Handlung die köstliche Musik sowie die große Zahl attraktiver Partien dazu geführt hat oder Wünsche des inzwischen prominent gewordenen Regisseurs Philipp Himmelmann???), auch der groteske Aspekt, dass „Die Lustige Witwe “ des Völkerverderbers Hitler Lieblingsoperette gewesen sein soll, was noch abstruser wirkt,da dieser schreckliche deutsche Diktator und Massenmörder des 20. Jahrhunderts gleichzeitig bekennender Wagnerianer war……
Nun, wenn der Erste Bürgermeister unserer Stadt, Olaf Scholz, in seiner aktuellen Regierungserklärung betont, unsere Hansestadt könne stolz sein auf das Niveau aller ihrer Kunst- und Kulturinstitute, und seine vor kurzem neu gewählte Regierungsmannschaft finde sich in der Verantwortung, die bestmöglichen Bedingungen für deren Produktionen zu organisieren (Wörtlich: “ Deshalb gilt auch in Zukunft: Wir werden an der Kultur nicht sparen!“ ), so erklärt sich wohl daraus dankenswerterweise, dass der Akademie für diese Produktion ein beträchtlicher Etat zur Verfügung gestellt werden konnte: Sowohl das Engagement der Hamburger Symphoniker unter der temperamentvollen Leitung des Dirgenten Willem Wentzel als auch Barbara Dittrichs und Florian Parkitnys originelle Augenschmaus-Kostüme legen diesen Schluss nahe.
Auffällig war leider nur am Premierenabend, dass für Ricarda Könekes Lichtdesign-Bemühungen offenbar während der Endproben in der Halle zu wenig Zeit zur Verfügung stand, sodass die – fast ausschließlich auf der ohnehin mäßigen Leuchtkraft zahlreicher „ZweiKw“ beruhende – Ausleuchtung der dreipodestrigen Spielfläche sich bedauerlicherweise als äußerst sparsam erleben ließ, was bei einer (inhaltlich) albernen , aber dennoch furiosen Léhar-Operette, sich schon dann nicht als unterstützend erweist, wenn Regisseur Himmelmann nicht davor zurückscheut, vor dem berühmten Finalsong „Ja, das Studium der Weiber ist schwer“ mit dem gesamten Ensemble, inklusive Chor, eine „Beinahe-Gruppensex-Show“ zu inszenieren.
Wie wir wissen folgt in diesem bekannten Werk der in Europa mählich aussterbenden Gattung der klassischen Operette ohnehin ein Ohrwurm dem anderen folgt, wirklich prächtig dargeboten von einer beträchtlichen Zahl begabter Solisten, die hier – wie bei Ausbildungsinstituten Usance – nicht alle namentlich genannt werden sollen….heute allerdings mit einer Ausnahme: Signe Raven Heibergs zuerst reiche, dann wieder arme „lustige“ Witwe des noch in der Hochzeitsnacht verstorbenen (Wie originell) älteren Bankier-Ehemannes Glawari, glänzt bereits jetzt mit ihrem wunderbar aggressiven und vor allem höhensicheren Sopran. Ihre zukünftige großartige Karriere war an diesem Premierenabend bereits vorausahnbar.
Fotos: Copyright: engerfoto (Christian Enger)