Eine Glosse von Johanna Renate Wöhlke
Es ist nicht immer leicht, in der eigenen Sprache zu schreiben. Das ist besonders dann nicht der Fall, wenn sich Moden entwickeln, die man nicht als Moden bezeichnen darf, weil sie von ihrem qualitativen Anspruch her zweifellos nicht unrichtig und langlebig zu nennen sind. Ich meine die Gendergerechtigkeit in der Sprache: der Richter, die Richterin; der Bundeskanzler, die Bundeskanzlerin; der Diplom-Kaufmann, die Diplom-Kauffrau – das IN für die weibliche Form ist im Emanzipatorischen gut zu begründen. Die Diskussion darüber füllt inzwischen Band um Band, Bände um Bände – und kein Ende!
Gerade begegnete mir ein Teilbereich dieses Problems in Form des Schreibens von Protokollen Ehrenamtlicher in Organisationen aller Art von Kirche bis Sportverein. Wie oft ist mir selbst beim Schreiben von Protokollen dieses Problem begegnet und wie oft habe ich mich über die Genderform geärgert – nicht vom Gehalt her, sondern von Lesbarkeit, Verständnis und Schönheit einer Sprachmelodie her.
Ein Beispiel für sprachlich überbordende „Korrektheit“ findet sich in österreichischen Schulbüchern: „Jede/r Schüler/in reicht seinen/ihren Text an seinen/ihren Nachbarn/Nachbarin weiter.“
Nein, so weit sollte es nicht gehen! Da lobe ich mir einen guten Freund, der im Ehrenamt ebenfalls häufiger Protokolle verfassen muss und sich deshalb etwas ausgedacht hat: die perfekte Formel für Harmonie und Diskussionsstopp in Sachen gendergerechte Sprache. Er erfand nämlich einen Passus am Ende seiner Protokolle, der nicht nur lesens – sondern auch mitteilenswert ist, sozusagen Lebenshilfe für alle Schreibenden dieser Welt. Dieser Passus am Ende seiner Protokolle lautet:
„Genderhinweis: Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf eine geschlechtsneutrale Differenzierung verzichtet. Entsprechende Begriffe gelten im Sinne der Gleichbehandlung grundsätzlich für beide Geschlechter. Die verkürzte Sprachform beinhaltet keine Wertung.“
Dies ist das Genialste, was ich seit langem gelesen habe!