Diese Glosse erschien am 26. Juni 2012 im Hamburger Abendblatt
Von Uta Buhr
Der Rasen vor unserem Haus wurde jüngst zum Bolzplatz umfunktioniert. Jeden Morgen Punkt zehn Uhr treffen sich acht Kinder aus der Nachbarschaft, um ihre eigene EM zu zelebrieren. „Wir sind ein gemischtes Team. Also viel moderner als unsere Elf“, sagt Spielführer Jörg stolz. In jeder Mannschaft spielen vier Mädchen und vier Jungs. Als Torhüter – pardon – Torhüterinnen fungieren Marie und Anna, beide zwölf Jahre jung.
Das ganze Haus ist begeistert von der Spielfreude der Junioren und nimmt den damit verbundenen Lärm gelassen hin. „Die zeigen uns, dass man auch mit einem reduzierten Team gut Fußball spielen kann“, freut sich Hausmeister Willi, der den Trainer, Schieds- und Linienrichter in Personalunion gibt. Er achtet streng auf die Regeln und verwarnt die Spieler bei gelegentlichen Rangeleien mit der gelben Karte.
Kurz nach dem Anpfiff am Sonntagmorgen ereignete sich das Unglück. Der scharfe Schuss von „Mittelstürmer“ Jörg ging nicht ins Tor, sondern geradeswegs durch die weit geöffnete Terrassentür des älteren Ehepaares im Erdgeschoss. Und dort landete der Ball mitten auf dem Frühstückstisch.
Ab sofort wird auf der großen Wiese am Waldrand gespielt. Hinter vorgehaltener Hand schwärmt Willi von dem Schützen: „Mann, war das ein Schuss. Der hätte selbst einem Mario Gomez Ehre gemacht.“ Dass er in die falsche Richtung ging, ist für ihn kein Thema. „Kann ja mal vorkommen“, sagt er. „Nur aus Fehlern lernt man – oder?“ So isses, Willi. Vielleicht trainierst du gerade einen künftigen Nationalspieler.