ereschienen im Hamburger Abendblatt am 11. August 2011
Von Johanna R. Wöhlke
Das Leben steckt voller Kleinigkeiten. Wäre ich eine Kleinigkeit – ich stelle mir das einmal vor: Was hätte ich dann für eine Existenz? Glauben wir dem Wort Kleinigkeit, dann ist die Vermutung nicht fern, dass ich klein wäre, klein und unbedeutend, klein und unbeachtet, klein und unscheinbar, klein und zu vernachlässigen.
Stimmt das eigentlich? Ich behaupte: Das stimmt nicht! Mir fallen so einige Beispiele ein, an denen ganz klar wird, wie wichtig Kleinigkeiten sind! Ich stelle mir noch immer vor, ich sei eine Kleinigkeit – dann gefiele mir folgender Spruch sehr: Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft! Aha, so ist das also. Das Kleine hat die große Bedeutung, freundschaftsfördernd zu sein, sieh mal einer an. Da bin ich doch in diesem Fall gerne eine Kleinigkeit!
Mein Bewusstsein für Kleinigkeiten schärfte sich heute außerdem an einer Tankstelle am Rande der Autobahn. Tankstellen und Autobahnen sind ab heute für mich der ideale Platz, um über Kleinigkeiten zu philosophieren! Da las ich nämlich an der Zapfsäule beim Preis für einen Liter Dieseltreibstoff: 1,37 und an der Sieben hoch gestellt die bekannte, schon obligatorische 9. Einen Euro, 37 Cent und einen Neunzehntelcent – das ist also der Preis für einen Liter Diesel.
Es fehlt dieses eine Zehntel! Diese Kleinigkeit ist gar nicht wahrzunehmen und doch erreicht sie, dass jeder davon redet, der Liter Diesel koste 1,37 Euro, obwohl der doch eigentlich 1,38 Euro minus dieses einen, winzigen, kleinen Zehntelanteils kostet, also kaufmännisch aufgerundet nun wirklich 1,38 Euro. Diese Kleinigkeit von einem Zehntel, ich bitte Sie!
Dieses eine Zehntel, diese Klitzekleinigkeit triumphiert über die Mathematik und verfälscht unsere Wahrnehmung. Nun behaupte noch einmal jemand, Kleinigkeiten seien klein. Das Gegenteil ist der Fall. Kleinigkeiten sind unverzichtbar. Kleinigkeiten aller Länder vereinigt euch – ihr regiert die Welt – na ja, zumindest an der Zapfsäule…