Von Dr. Manuel Ruoff
Vor 1400 Jahren widmete Papst Bonifatius IV. den Römer-Bau den Märtyrern – der Ursprung des Kirchenfestes
Papst Bonifatius IV. verdankt Westeuropa nicht nur den Ursprung von Allerheiligen, sondern auch, dass das Pantheon in Rom, einer der eindrucksvollsten Bauten der Antike, erhalten blieb.
Bonifatius IV. erfreute sich ebenso wie sein Vorgänger Bonifatius III., dessen Nachfolge er 608 angetreten hatte, freundschaftlicher Beziehungen zum oströmischen Kaiser Phokas. Auf seine Bitte hin schenkte ihm der weltliche Herrscher das Pantheon. Dabei handelte es sich zu jenem Zeitpunkt noch nicht um eine christliche Kirche. Um 26 vor Christi Geburt hatte Marcus Vipsanius Agrippa zu Ehren seines Freundes, Förderers und Schwiegervaters Augustus einen Tempel errichten lassen. Anlass war der gemeinsame Sieg über Marcus Antonius und Kleopatra in der Seeschlacht bei Actium 31 v. Chr. Über ein Jahrhundert später wurde der Bau ein Opfer der Flammen, als 80 n. Chr. Rom von einem Großbrand heimgesucht wurde. In der Regierungszeit Kaiser Domitians von 81 bis 96 wurde das Gebäude wieder aufgebaut. 110 schlug der Blitz in den Sakralbau ein.
Diesmal war es Kaiser Hadrian, der das Werk wiederaufbauen ließ. Kennzeichnungen auf den Ziegelsteinen lassen den Schluss zu, dass dieser Wiederaufbau zwischen 118 und 125 zu datieren ist. Hadrian musste nach dem Blitzschlag von 110 wieder bei null anfangen und bewirkte einige wichtige Änderungen gegenüber den Vorgängerbauten, die uns heute als charakteristisch für das Pantheon erscheinen. So war der Rundbau ursprünglich offen. Erst Hadrian versah ihn mit der Kuppel, die – gemessen am Innendurchmesser – mehr als 1700 Jahre lang die größte der Welt war. Und trotzdem lautet die ebenfalls aus der Zeit Hadrians stammende Aufschrift auf dem Fries des Pronaos: „M(ARCUS) AGRIPPA L(UCII) F(ILIUS) CO(N)S(UL) TERTIUM FECIT“, was heißt, dass der Bau von Marcus Agrippa in dessen drittem Konsulat errichtet wurde. Hadrians eigenes Verdienst bleibt unerwähnt. Wie in Preußen war auch in Rom zu seinen besten Zeiten die Bescheidenheit ein Ideal. Und die Zeit Hadrians zählt zu den besten des Römischen Imperiums. Nicht umsonst zählt dieser Herrscher neben seinen Vorgängern Nerva und Trajan sowie seinen Nachfolgern Antoninus Pius und Mark Aurel zu den sogenannten fünf guten Kaisern.
Die damalige Nutzung des Pantheons entsprach seinem Namen. Denn das griechische Wort „pân“ heißt auf Deutsch alles und „theós“ Gott. Das Pantheon war allen Göttern Roms geweiht. Wie lange er in diesem Sinne kultisch genutzt wurde, ist unbekannt. Spätestens Anfang des 5. Jahrhunderts wird der Tempelbetrieb wohl eingestellt worden sein.
Papst Bonifatius machte den Bau dann zu einer christlichen Kirche. Statt allen Göttern weihte er das Haus nun – außer der Mutter Gottes – allen Märtyrern. Aus den Katakomben der Ewigen Stadt ließ er nun 28 Karren mit Gebeinen in die neue Kirche Santa Maria ad Martyres bringen. Einmal als letzte Ruhestätte umgenutzt, ließen sich in der Renaissance dann auch nichtheilige Größen aus Staat und Gesellschaft dort bestattet. Für die Maler Raffael, Perino del Vaga, Giovanni da Udine, Taddeo Zuccari und Annibale Carracci gilt das ebenso wie für den Architekten Baldassare Peruzzi und den Komponisten Arcangelo Corelli. Aber auch Raffaels Verlobte Maria Bibbiena oder der Kardinal Ercole Consalvi liegen dort. Nach der Gründung des Königreiches Italien diente der Bau dann als Grablege aller italienischen Könige mit Ausnahme Umbertos II., der in der Abtei Hautecombe in Savoyen begraben ist. Diese von Bonifatius begonnene Verwendung des Pantheons machte Schule. So haben mittlerweile auch Paris, der spanische Escorial, das georgische Tiflis und das bulgarische Burgas ein „Pantheon“ zum Zwecke der Bestattung bedeutsamer Personen.
Am 13. Mai 610 nahm Bonofatius die Weihe des nun von ihm umgewidmeten Pantheons vor. Die Erinnerung hieran wurde später zum Allerheiligenfest. Bonifatius ordnete eine jährliche Feier an. Diese fand zunächst am Freitag nach Ostern statt. Doch im darauffolgenden Jahrhundert weihte sein von 731 bis 741 amtierender Nachfolger Gregor III. eine Kapelle in der Basilika St. Peter allen Heiligen und legte für die Stadt Rom den Feiertag auf den 1. November. Allmählich verbreitete sich der 1. November in der gesamten Westkirche. 835 legte dann Papst Gregor IV. Allerheiligen für die gesamte Westkirche auf den 1. November fest. Die Zahl der Heiligen war zu groß geworden, als dass man jeden Heiligen an einem anderen Tag hätte feiern können. Und der unbekannten Heiligen sollte an diesem Tage auch gedacht werden.
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Gallery of maps, Vatican Museum photo by: Roberta Dragan