Techno Classica: alte Autos, alte Motorräder, alte Nutzfahrzeuge

Von Ludger Garte

Was macht die Fasziniation dieser Gefährte, die teilweise aus dem vorletzten Jahrhunderts stammen, aus? Nach einer Erhebung des Allensbach Institutes haben 15 Mio MitbürgerInnen eine positive Einstellung zu diesen Young- und Oldtimern. Eine unglaublich hohe Zahl gemessen an der Gesamteinwohnerschaft dieses Landes. 4,3 Millionen interessieren sich „ganz besonders“ für dieses Thema – eine gesteigerte positive Affinität, wie der international bewanderte Horst Brüning, Präsident der FIVA (Fédération Internationale des Véhicules Anciens) in seinen Ausführungen auf der Pressekonferenz plastisch darstellte. Diese fand statt zum Auftakt der „TECHNO CLASSICA“ in Essen, der nach eigenen Angaben weltgrößten Messe zum Thema Oldtimer.

 

In der Bundesrepublik sind zudem 335.000 Autos und 265.000 Motorräder  „älter als 30 Jahre und in einem historisch korrekten Zustand…“ , so die Definition der FIVA, zugelassen.  Die Bewahrung wegen „ihres technischen und historischen Wertes“  macht diese Fahrzeuge zu einem „mobilen Kulturgut“ so Herr Brüning weiter. Diese auf den ersten Blick recht spröde Definition ist in die Praxis übertragen, sicher auch eines der Geheimnisse für die positive Betrachtungsweise dieser Fahrzeuge.

 

Wer bleibt nicht stehen und schaut zum Beispiel einem BMW V8 – einem der Wirtschaftswunderfahrzeuge aus den 50er Jahren –  nach, wenn  er mit seinem vergleichsweise leistungsschwachen 8 Zylindern, bei strahlendem Sonnenschein an uns vorbeituckert. Selbst wenig technikaffine Menschen können sich dieser Wirkung nicht ganz verschließen.

Die versammelte Journalistenschar zur Hauptpressekonferenz bei der Eröffnung der mittlerweile 23. TECHNO CLASSICA widersprach nicht, als Ihnen vom Podium aus freundlichst unterstellt wurde, sowohl aus professioneller Sicht, aber auch aus ganz persönlicher Motivation einen besonderen Spaß an dem Thema entwickelt zu haben.

 

Was macht nun diese Faszination aus, die fast jedwede Unterschiedlichkeit in Bildung, Geschlecht, Alter, Nationalität, Sprachbarrieren ignoriert und Leute zusammenführt? Mit freudigem Gesichtsausdruck,  erstaunten bis ehrfürchtigen Blicken, bewundernd und sich verliebend, selten neidend, trotz der zum Teil unvorstellbaren Summen und Vermögenswerte die dort in restaurierter Form aufbereitet zur Schau und zum Verkauf gestellt werden.

 

Mehr als 2.500 zum Verkauf ausgestellte Fahrzeuge finden an insgesamt 5 Messetagen Ihre Bewunderer in Form von 180.000 Besucher aus 30 Nationen (lt Messe Essen). Neben kulturhistorischen Aspekten – der „Historic Heritage“ – kommen auch ganz nüchtern – ökonomische Beweggründe ans Tageslicht. Nach einer Studie der  FIVA und unterlegt für den deutschen Markt von der DEUVET ( Bundesverband für Clubs klassischer Fahrzeuge e.V.),  verzeichnet der Oldtimermarkt ein stabiles Wachstum von mindestens 5% jährlich. Lediglich in der Wertsteigerung gab es bei ca 5,7% in den Jahren 2000 – 2010 einen Abfall auf 2,5 % in den letzten beiden Jahren (Deutscher Oldtimer Index) – pikant wird der Vergleich zum DAX, der in derselben Zeit vier Einbrüche von zum Teil über 40 % erlebte.

Einige weitere, sicher nicht unbedingt bekannte Zahlen im Zusammenhang mit dem „Wirtschaftsfaktor historische Fahrzeuge“:

– Über 5,5 Mrd Euro werden jährlich im Bereich historischer Fahrzeuge in Deutschland umgesetzt

– Mehr als 10.800 EU–Firmen beziehen Ihren Umsatz aus diesen Geschäftsfeld (Deutschland ca. 2750 )

– 21.400 Vollzeit  und 8.600 Teilzeitkräfte verdienen Ihren Lebensunterhalt in diesem Sektor

– 69 % dieser Unternehmen haben große Schwierigkeiten Fachpersonal zu finden (bei geplanten Neueinstellungen von 37 % der Unternehmen)

– Jeder deutsche Halter gibt durchschnittlich 2.952 € für Wartung, Reparaturen und Restaurierung aus

– …..(Quelle: Umfrage der FIVA /DEUVET 2006 und aktualisiert durch die S.I.H.A. – Schätzungen

 

und das bei einem durchschnittlichen Fahraufwand von 0,07 % am gesamten Fahraufwand der Bundesrepublik (57,1 % dieser Fahrzeuge fahren weniger als 1.500 km im Jahr)

 

Faszination, ökonomischer Sachverstand, kulturelles und zeitgeschichtliches Interesse aber auch Erinnerungen an Jugendzeiten, eigenes Erleben aus der Kinderzeit, romantische Erinnerungen an die eine oder andere Situation, Jagdtrieb auf der Suche nach Ersatzteilen,  sehr unterschiedliche Motive treiben die Besucher an, sich auf den Weg nach Essen zu machen.

 

Bei allen ökonomischen (Schein-) Begründungen – es ist einfach nur klasse, diese Ästhetik der vergangenen Jahre zu erleben, diese Erinnerungen wachzurufen, Fahren anders zu erleben, ursprünglicher, „natur“belassener.. den Duft der Geschichte zu atmen, den diese Fahrzeuge repräsentieren.

 

Noch bis Sonntag stehen die Tore der Messe in Essen weit auf, wer weiß was Sie dort erleben?

Fotos:  S.I.H.A. Ausstellungen Promotion GmbH