Erschienen in der Preußischen Allgemeinen Zeitung
Von Dr. Manuel Ruoff
Carl Heymann gründete den gleichnamigen juristischen Spezialverlag – Vor 150 Jahren ist er gestorben
Der juristisch Interessierte kennt den Carl Heymanns Verlag mit seinen Zeitschriften wie „Deutsches Verwaltungsblatt“, „Die Polizei“, „Zeitschrift für Bergrecht“ sowie „Zeitschrift für Luft- und Weltraumrecht“. Seinen Namen verdankt der Verlag dem am 29. November 1793 in Glogau geborenen Sohn des Buchhändlers, Antiquars und Leihbibliothekars Maximilian Heymann Carl Samuel Heymann.
Nach der Teilnahme an den Befreiungskriegen gründete der Buchhändlersohn in seiner Geburtsstadt eine eigene Buchhandlung. Einige Jahre später folgte ein eigener Verlag. Anfänglich war dieser Verlag vor allem für populär- und militärhistorische Veröffentlichungen bekannt. Aber schon bald erfolgte eine Schwerpunktverlagerung Richtung rechts- und staatswissenschaftliche Werke. Dem Erfolg folgte 1835 die Verlegung des Unternehmens nach Berlin.
In der Hauptstadt leistete der aus der schlesischen Kreisstadt zugereiste Verleger Pionierarbeit, die den nach ihm benannten Verlag noch heute prägt. Mit der „Kameralistischen Zeitung für die Königlich preußischen Staaten“ verlegte er eine der ersten deutschen Fachzeitschriften für Verwaltungsrecht und -praxis. Und mit dem „Justiz-Ministerialblatt für die Preußische Gesetzgebung und Rechtspflege“ begann er die Verlagstradition der (halb-)amtlichen Zeitschriften, die das Verlagsprogramm bis zum heutigen Tage ebenso prägen wie die amtlichen Entscheidungssammlungen oberster Gerichte. Letztgenannte Tradition begann Heymann 1846 mit der Herausgabe der Entscheidungen des Obertribunals. Damit trug der deutsch-jüdische Verleger wesentlich zur Rechtssicherheit, aber vor allem zur Vereinheitlichung der Rechtsprechung bei. Noch in eben jenem Jahr 1846 wurde der deutsch-jüdische Verleger von seinem König mit dem Titel des Kommerzienrates ausgezeichnet.
In der preußischen Hauptstadt beteiligte sich Heymann auch am kulturellen Leben. So gehörte er der jüdischen Gesellschaft der Freunde an, ein Verein zur gegenseitigen Hilfe im Falle von Armut, Arbeitslosigkeit, Krankheit oder Tod, der sich bereits vor Heymanns Beitritt zum kulturellen Zentrum der jüdischen Gemeinde und zum wichtigsten Verein des Berliner Judentums entwickelt hatte. 1845 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern der Genossenschaft für Reform im Judentum, deren Vorstand er auch angehörte. In der Berliner jüdischen Gemeinde gehörte er ab den frühen 1850er Jahren erst der Repräsentantenversammlung und später dann dem Vorstand an. Doch auch außerhalb der jüdischen Gemeinde engagierte sich Heymann für das Gemeinwesen. So arbeitete er auch in der Berliner Stadtverordnetenversammlung mit. Vor 150 Jahren, am 21. August 1862 verstarb Carl Heymann in Berchtesgaden an der Cholera.
Sein Verlag überlebte ihn. Zu seinen Nachfolgern gehörte sein Enkel Otto Löwenstein. Unter diesem wurde nach der Reichsgründung von 1871 die Konzentration der Verlagstätigkeit auf Recht und Verwaltung fortgeführt. 1877 erschien im Verlag die erste Ausgabe des „Deutschen Patentblatts“. Kaum durch das Reichsgesetzblatt vom 24. August 1896 bekannt gemacht, gab der Verlag noch im selben Jahr die erste Textausgabe des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) heraus, vier Jahre vor dessen Inkrafttreten. 1918 übernahm Löwensteins Adoptivtochter Anni Gallus als Inhaberin die Leitung des Verlags. 1945 wurde das Stammhaus in Berlin völlig zerstört.
Fünf Jahre nach Kriegsende erfolgte im Westen ein Neuanfang. Der Verlag nahm seinen Hauptsitz zunächst in Detmold und dann in Köln. Niederlassungen entstanden in Berlin, München und Bonn. Entscheidungssammlungen oberster Bundesgerichte wurden zu einem Schwerpunkt des Verlagsprogramms; zahlreiche Fachzeitschriften wurden gegründet. Nach dem Tode von Hans-Jörg Gallus übernahm 1986 dessen Sohn Bertram Gallus die Verlagsleitung, dem 2004 dessen Neffe Andreas Gallus folgte. Zwei Jahre blieb der Verlag nun noch im Besitz der Familie Carl Heymanns. Dann wurde der Carl Heymanns Verlag an seinen heutigen Besitzer verkauft: Wolters Kluver.