erwschienen in der Preußischen Allgemeinen Zeitung
Von Dr. Manuel Ruoff
Förmlich aus dem Nichts baute Helmut Horten die zeitweise nach Kaufhof, Hertie und Karstadt viertgrößte Kaufhauskette der Bundesrepublik auf. Er gehört damit zu den Spitzenrepräsentanten des sogenannten deutschen Wirtschaftswunders. Der am 8. Januar 1909 in Bonn geborene „Selfmademan“ fing als Sohn eines Senatspräsidenten beim Kölner Oberlandesgericht nicht gerade als Tellerputzer an, aber in seiner Juristen- und Beamtenfamilie gab es keine kaufmännische Tradition. Nach dem Abitur hatte der Junge standesgemäß studieren sollen, aber er zog eine kaufmännische Lehre im jüdischen Warenhaus Leonhard Tietz vor. Anschließend wechselte er zum jüdischen Textilkaufhaus Gebrüder Alsberg.
Hortens nun bald einsetzender rasanter Aufstieg ist durch zwei Vorwürfe überschattet. Zum einen hat er von der nationalsozialistischen Arisierungspolitik profitiert. Als 1936 die Besitzer von Gebrüder Alsberg in die USA emigrierten, konnte er das Textilhaus günstig erstehen. Die Finanzierung erfolgte über einen Freund der Familie, der zum stillen Teilhaber des nun gegründeten Unternehmens Horten & Co. wurde. Das Unternehmen expandierte schnell und so wurde Horten im Zweiten Weltkrieg Reichsverteiler für Textilien zur Versorgung bombengeschädigter Städte im westdeutschen Raum. In dieser Eigenschaft soll Horten Waren gehortet haben, die ihm nach Krieg und Währungsreform die Fortsetzung seines Erfolges zumindest erleichtert hätten.
Zunächst einmal brachte ihm das NS-Amt jedoch die Internierung durch die Briten ein. Durch einen Hungerstreik erzwang er allerdings rechtzeitig zur Einführung der
D-Mark seine Freilassung. Die Kriegs-sieger hatten ihn zwar zeitweise seine Freiheit genommen, aber seine Kaufhäuser gelassen, deren Führung er nun wieder übernahm.
Horten blieb kinderlos. Und der Linkstrend in der Bundesrepublik, der nicht zuletzt in der Regierungsbeteiligung der SPD an der Großen Koalition seinen Ausdruck fand, ließ den FDP-nahen Marktwirtschaftler für das deutsche Unternehmertum das Schlimmste befürchten. Ab 1969 stellte die SPD in der kleinen Koalition mit der FDP sogar den Kanzler. Im selben Jahr trennte sich Horten von seinem Unternehmen. Ihm gelang es dabei, auf den Verkaufserlös von fast 1,5 Milliarden D-Mark in Deutschland keine Steuern zahlen zu müssen. Das ist der dritte große Vorwurf, der Horten gemacht wird.
Hierüber trübte sich das Verhältnis zwischen dem ehemaligen Kaufhaus-König und seiner Heimat. So verzichtete er auf den ursprünglichen Plan, sein Vermögen in die von ihm 1962 in Deutschland gegründete Helmut Horten Stiftung einzubringen. Den Rest seines Lebens verbrachte er in der Schweiz, wo er auch am 30. November 1987 verstarb. Sein auf über drei Milliarden D-Mark angewachsenes Vermögen vererbte er seiner Ehefrau.