Von Uta Buhr
Dieses mittelamerikanische Abenteuer – Honduras und Guatemala – wurde einem Kollegen der DAP und mir durch unser Mitglied Napoléon Mariona ermöglicht. Napoléon wurde in El Salvador, einem der sieben zentralamerikanischen Staaten, geboren und diente lange Zeit seinem Land als Diplomat in Bonn, später in Berlin. Ein herzlicher Dank geht an ihn, der diese Reise arrangierte. Ein Artikel über Guatemala folgt in Kürze.
Der nachfolgende Beitrag erschien bereits in der PAZ am 6. April 2013 und am 26. Mai ds. Js. in SaS (Schleswig-Holstein am Sonntag)
„Bienvenidos!“ Eli González zieht galant seinen Panamahut und wischt sich den Schweiß von der Stirn. Schon um 8 Uhr in der Frühe zeigt das Thermometer über 28 Grad im Schatten. Kurz zuvor ist ein kräftiger Regenschauer auf San Pedro Sula niedergegangen. „In diesem Teil der Welt haben wir sechs Monate Regenzeit“, sagt Eli fast entschuldigend. „Aber dafür ist es bei uns in Honduras immer schön grün, und uns wachsen die Bananen und viele andere tropische Früchte praktisch in den Mund.“ Durch das „grüne Gold“, die aromatischen Bananen, ist San Pedro Sula, die Wirtschaftsmetropole des Landes, auch reich geworden. Außer einem riesigen überdachten Markt mit bunten Ständen gibt diese Stadt nicht viel her. Das Ensemble unansehnlicher Gebäude mit blätternden Fassaden wird an Hässlichkeit nur noch von der oberhalb des Parqe Central gelegenen klobigen Kathedrale aus dem Jahr 1949 übertroffen. Einen Besuch hingegen lohnt das Museo de la Naturaleza, das mit einem breiten Spektrum sehenswerter Exponate aufwartet – von der Paläontologie bis zur Ökologie. Bei einem kurzen Rundgang durch die Stadt fällt die Präsenz schwer bewaffneter Polizisten auf, die mit aufgepflanztem Bajonett vor Banken und großen Geschäften stehen und ein wachsames Auge auf jeden vorbeiziehenden Passanten haben. Die Bandenkriminalität feiert in dieser Stadt fröhliche Urständ. Jeden Tag berichten die Zeitungen in epischer Breite darüber. „Aber keine Angst“, wiegelt Eli ab. „Die Mafiosi machen das untereinander aus. Touristen sind nicht betroffen.“
Die hohe Kriminalitätsrate in diesem knapp acht Millionen Einwohner zählenden Landes ist nur eine Seite der Medaille. Im Übrigen ist Honduras ein wunderschönes Land, bedeckt von riesigen Flächen tropischen Regenwaldes, gesäumt von hohen Bergen und zerklüfteten Felswänden. Breite Wasserfälle stürzen ins Tal und ergießen sich in Bäche und Teiche. Unser Weg führt über holperige Straßen und schlammige Wege gen Westen nach Copán Ruinas. Das beschauliche Städtchen mit seinen schmucken weißen Häusern, deren rote Ziegeldächer schon aus der Ferne leuchten, ist der Ausgangspunkt zu den sensationellen Ausgrabungen der einstigen Maya-Zitadelle Copán, die während der Blütezeit der Siedlung zwischen 600 und 800 unserer Zeitrechung errichtet wurde.
Die Gebäude und Pyramiden auf dem Ruinenfeld sind verwittert, der einst weiße Kalkstein von einer grauen Schicht überzogen. Bis heute bleibt es ein Rätsel, warum die Mayas ihre Kultstätten vor Jahrhunderten verließen. Da kann nur spekuliert werden. „Wir vermuten, dass über lange Zeiträume kein Regen fiel und es aus Wassermangel zu Hungersnöten und wohl auch zu Revolten gegen die herrschende Priesterkaste kam“, erklärt ein Archäologe. Fest steht, dass die Tempel und Residenzen einst grell bunt bemalt waren und die Mayas ihren Göttern auch Menschenopfer brachten. Im nahen Museo de Arqueología Maya sind Altäre, Keramikwaren, steinerne Masken und der Nachbau des monumentalen Grabes einer Schamanin zu besichtigen.
Unser nächstes Ziel heißt Gracias. Die 1526 gegründete Stadt diente im 16. Jahrhundert als Hauptstadt des gesamten, durch die Spanier eroberten Mittelamerikas. Schöne alte Gebäude und barocke Kirchen zeugen von der einstigen Bedeutung der qirligen Kleinstadt, deren zentraler, betörend nach exotischen Früchten und Gewürzen duftender Markt zum Bummeln und Kaufen einlädt. Ein Zwischenstopp in Puerto Cortés beschert uns am Abend den laut Aussagen der Einheimischen „schönsten Sonnenuntergang der Welt“ in der Bucht von Omoa. Eine völlig andere Welt erschließt sich dem Reisenden in der karibischen Küstenregion rund um Tela. Statt der allgegenwärtigen Nachkommen der Mayas leben hier die Garifuna, Schwarzafrikaner, die auch heute noch ihre Sitten, Gebräuche und Tänze aus der alten Heimat pflegen und am weitläufigen Strand unter Palmdächern kulinarische Köstlichkeiten aus Fisch und Meeresfrüchten auftischen. Eigentlich sollten die „Importe“ aus Afrika als Sklaven verkauft werden und auf den Zuckerrohrplantagen arbeiten, erzählt Eli. Nach mehreren Schiffskatastrophen kurz vor der Küste, so die Legende, erreichten viele von ihnen jedoch schwimmend das rettende Ufer, verbargen sich im Dickicht des Regenwaldes und lebten fortan als freie Menschen.
Nach unserer Entdeckungsreise kreuz und quer durch Honduras und einem Abstecher an die Moskitoküste, die ihrem Namen alle Ehre macht, ist Entspannung pur angesagt. Und wo kann man die Seele genüsslicher baumeln lassen als auf Roatán! Dieses von zutraulichen Delphinen und Myriaden exotischer Fische bewohnte Taucher- und Schnorchelparadies liegt etwa 50 km von der honduranischen Küste entfernt. Ein Traum, sich auf dem schneeweißen Strand im Schatten hoher Kokospalmen zu aalen und dabei einen kühlen Drink zu schlürfen. Nachdem der angeblich im Mayakalender prophezeite Weltuntergang am 21. Dezember 2012 ausgeblieben und der Kelch noch einmal an uns vorbeigegangen ist, genießen wir unseren Aufenthalt in diesem tropischen Paradies in vollen Zügen. Salud!