von Uta Buhr
Fotos: Stefan Kock
Vorweihnachtszeit ist Lustspielzeit an der Mundsburg. Das vom britischen Erfolgsautor Derek Benfield geschriebene Stück hat das Zeug zu einem Kassenschlager! Denn wer erfreut sich an trüben Wintertagen nicht an diesem temporeichen Verwirrspiel um Liebe und Täuschung, das bereits unter dem Titel „Falscher Tag – falsche Tür“ an verschiedenen deutschen Theatern Furore machte.
Der Plot selbst ist auf den ersten Blick schlicht: Sylvia, eine hübsche erfolgreiche Boutiquebesitzerin, die in einem schicken Londoner Vorort mit Blick auf einen Flusslauf – vermutlich ein Nebenarm der Themse – residiert, ist gerade von ihrem langjährigen Freund betrogen und verlassen worden. Was liegt da näher, als sich nach einem anderen Mann umzusehen. Motto: Andere Mütter haben auch schöne Söhne. Doch sie will diesmal auf Nummer sicher gehen. Deshalb wählt sie gleich drei Männer als mögliche Ehepartner, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Da ist der fesche junge Sportlehrer (sehr attraktiv Rafe Young), der sie einmal pro Woche mit seinem Ruderboot besuchen darf und nur Zutritt über ihre Terrasse erhält, während sich hinter der Nummer zwei der erfolgreiche, aber wesentlich ältere Anwalt Walter verbirgt. Als Dritter im Bunde fungiert der rustikale Eddie mit dem Cockney-Akzent, seines Zeichens begabter Tischler (wunderbar prollig Garry Hayden). Eine gute Mischung, aus der sich – wie Sylvia meint – der perfekte Ehemann herauskristallisieren wird. Es versteht sich von selbst, dass so etwas auf Dauer nicht gut gehen kann. Und eigentlich sollte Protagonistin Sylvia – sehr überzeugend in ihrer wirren Gefühlswelt dargestellt von Tara Dowd – sich dessen auch bewusst sein.
Das Ungemach beginnt bereits mit dem Eintreffen von Sylvias bester Freundin und Geschäftspartnerin Jemma, die – überraschend aus Paris kommend – sich nach ihrer anstrengenden Reise bei ihr ausruhen will. Sylvia ist davon keineswegs begeistert, zumal Clive am selben aber falschen Tag in ihrem Apartment aufkreuzt. Wie konnte er seinen „jour fixe“ nur vergessen! Das totale Chaos aber bricht aus, als kurz darauf Walter (gewohnt elegant gespielt von James Walmsley) an der Wohnungstür klingelt und erstaunt ist, zwei Damen im Négligé und Clive in Shorts anzutreffen. Auf einmal erweist sich die Anwesenheit der eloquenten Jemma (witzig Madeleine Hutchins) als ein wahrer Segen. Sie entschärft die Lage, indem sie den völlig konsternierten Walter in die Küche entführt und Sylvia die Gelegenheit gibt, Clive in ihr Gästezimmer abzuschieben. Allgemeines Aufatmen – doch nur für kurze Zeit. Denn – wie könnte es auch anders sein – erscheint wie deus ex machina der liebe Eddie auf der Bildfläche. Auch er am falschen Tag, jedoch mit seriösem Anliegen. Er ist gekommen, um Silvia den versprochenen Schrank im Schlafzimmer zu bauen.
Eine ausweglose Situation: Drei Heiratsaspiranten, die sehr gekonnt von Busenfreundin Jemma in die Irre geführt werden. Jetzt beginnt die Komödie der klappenden Türen. Hinter jeder befindet sich einer der drei Liebhaber Sylvias, die mit Jemmas Hilfe Ordnung in das Dilemma zu bringen versucht. Während Eddie ins Gästezimmer „gebeten“ wird, bereitet Walter in der Küche Sandwiches. Clive, der sich bei all dem Durcheinander den Knöchel verstaucht hat, humpelt auf der Terrasse herum. Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen kommt es am Ende zum unvermeidlichen Showdown: Wie auf Kommando treffen sich die fünf Personen des Stückes im Salon, reden und gestikulieren wild durcheinander und entwirren letztlich das Knäuel von Ausreden und Lügen. Und sind die drei Männer, die Sylvia so gekonnt über Monate hinter’s Licht geführt hat, jetzt böse? Mitnichten. Alle wünschen sich nach wie vor nichts sehnlicher, als die kapriziöse junge Dame an den Traualtar zu führen. Welchen wird sie denn nun erhören? Bevor diese Frage geklärt werden kann, klingelt es an der Tür. Ein Bote bringt einen riesigen Blumenstrauß für Sylvia von ihrem Exgeliebten, um den sich die ganze Geschichte von Anbeginn eigentlich drehte. Sylvia entschwindet mit einem glücklichen Lächeln auf den Lippen, um Robin alles zu verzeihen und ihn erneut in die Arme zu schließen. Zurück bleiben drei ratlose Männer und Jemma, die ihnen einen sensationellen Vorschlag unterbreitet. Lassen Sie sich, liebe Zuschauer, von diesem wahrhaft ungewöhnlichen Angebot überraschen. Viel Spaß.
Wer den Faden nicht verlieren will, muss genau aufpassen in diesem rasant voranschreitenden Stück. Wie ein Kritiker treffend schrieb, entwirft Derek Benfield mit einigen schnellen Strichen eine Situation, aus welcher der ungehindert abrollende Mechanismus des Chaos entsteht. Der Autor, der auch als Schauspieler auf englischen Bühnen brillierte, schrieb als intimer Kenner des Boulevard eine Reihe äußerst beliebter Komödien, unter anderen „Anyone for Breakfast“, die 2014 mit großem Erfolg im English Theatre aufgeführt wurde. Leider starb dieser Meister der leichtfüßigen Muse 2009 im Alter von 83 Jahren. Was bleibt, sind hinreißende Stücke wie „Funny Business“, „Bedside Manners“, „Second Time Around“ usw. Sicherlich wird das TET die eine oder andere „Farce“ über kurz oder lang auf die Bühne bringen. Apropos – auch den Italienern gefällt das Stück aus dem kühlen Albion so gut, dass sie es unter dem Titel „Toccata e Fuga“ in mehrere Theater übernahmen. Die kennen sich halt aus mit der weiblichen Psyche. Heißt es doch so treffend in Verdis Rigoletto „La donna è mobile.“ Angesichts des gerade angelaufenen Stücks ist dem nichts hinzuzufügen.
„Don’t Lose the Place“ läuft bis einschließlich 4. Februar 2017
Tickets unter Telefonnummer 040 – 227 70 89 oder online unter
Nächste Premiere „Othello“ von William Shakespeare am 16. Februar 2017