Von Dr. Immo H. Wernicke
Chance für Agrarwirtschaft: Mehr Bio-Ökonomie – weniger Bürokratie !
Das forderte Bauernpräsident Joachim Rukwied von der EU-Kommission und vom neuen Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt zur Eröffnung der Internationale Grüne Woche im Januar 2015 in Berlin. Der Bundeslandwirtschaftsminister begrüßte zur weltweit größten Agrarmesse nicht nur Landwirte und Vertreter der Landwirtschaft und der Ernährungsindustrie sondern auch wieder zahlreiche Agrarminister, sowie die EU-Kommissare für Agrar und Umwelt und die Direktoren von FAO* und Weltbank. Er erklärte das neue Konzept der Bio-Ökonomie und die Verbesserung der Rahmenbedingungen durch Abbau von Überregulierungen und Förderung von Innovationen und Technologien in der Landwirtschaft zur Chefsache.
„DAVOS-Forum der Landwirtschaft“
„Food, Feed, Fiber, Fuel“ stand auch auf der Agenda der zum „Global Forum on Food and Agriculture“ in Berlin versammelten Agrarminister. „Die Bio-Ökonomie erweitert und ergänzt die Ökologische Landwirtschaft“, so der Bundeslandwirtschaftsminister auf dem „DAVOS-Forum der Landwirtschaft“. Die deutsche Agrarpolitik wird sich in Zukunft für die Nachhaltigkeit in der Bewirtschaftung, Versorgungssicherheit und Qualität der Nahrungs-mittel und auch auf die effiziente und umweltverträgliche Nutzung biologischer Rohstoffe einsetzen. Agrarexperten erläuterten, dass zur Bio-Ökonomie die Gewinnung von Energie, Schmier- und Dämmstoffen, Biokunststoff und Düngemitteln bei Verringerung des CO2-Ausstoßes gehörten. Umstritten war, inwieweit die Agrar- und Entwicklungspolitik bei der Umsetzung durch regionale oder zentrale Regulierungen eingreifen sollte.
Die Vertreter aus afrikanischen Ländern bemängelten die unzureichende Nahrungs-mittelversorgung. Die Zahl der Hungernden wird von der FAO* weltweit auf 800 Mio. Menschen geschätzt. FAO Director-General José Graziano da Silva hält die derzeitige Nahrungsmittelproduktion jedoch für ausreichend, um die Weltbevölkerung zu ernähren. Er verlangte, die Verteilung und den Zugang zu Nahrungsmitteln zu verbessern. Hierzu soll das auslaufende entwicklungs-politische Konzept der „Millennium Development Goals“ durch die „Post-Development-Goals 2015“ und das Nachhaltigkeitskonzept der Bio-Ökonomie abgelöst werden. Die Ergebnisse der Forumsdiskussion und der Agrarministerkonferenz flossen in ein offizielles Abschlusskommuniqué für die G 20 und die FAO ein.
DLG: Bio-Ökonomie und IT eine Chance für die Landwirtschaft
Dem Global Forum ging die Wintertagung 2015 der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) in Berlin wieder impulsgebend voraus. Der Präsident der DLG Carl-Albrecht Bartmer sieht in der Bio-Ökonomie eine Chance besonders für Familienbetriebe und den ländlichen Raum. Hierdurch könnte das infolge Dauersubventionierung und Umweltschädigung schlechte Image der Bauern gewendet werden. Der Kritik an der Überregulierung durch die „EU-Bürokratie“ schließt er sich an. Dass viele EU-Regelungen der Landwirtschaft unterstützen bleibt unerwähnt. Er stellt heraus, dass mit IT und moderner Landtechnologie die notwendigen Effizienz- und Produktivitätssteigerungen im Agrarsektor erreicht werden könnten.
Drohen Boden-, Nahrungsmittel- und Wasserknappheit ?
Léon Broers von der KWS Saat AG zeigte sich auf der DLG-Wintertagung weitaus weniger optimistisch als der FAO-Direktor „Die Anbaufläche pro Kopf ist seit 1950 kontinuierlich geschrumpft.“ Broers fordert „eine globale jährliche Produktivitätssteigerung im Ackerbau um mindestens 1,5 %, um die wachsende Weltbevölkerung dauerhaft ausreichend zu ernähren.“
In den Foren zum „Internationalen Jahr des Bodens 2015“ diskutiert, aber nicht gelöst, wurden die adäquate Verteilung und Nutzung der Böden und die Eigentumsfrage in Verbindung mit dem Problem des „Land grabbing“ durch „Finanzanleger“, Bodenspekulation und Großbetriebe und die Probleme für landwirtschaftliche Existenzgründungen.
Ferner ging es um weltweit drohende Konflikte um Wasser, Rohstoffe und Nahrungsmittel zwischen und innerhalb der Nationalstaaten. Vor allem in Afrika werden die von den ehemaligen Kolonialmächten gezogenen Staatsgrenzen zwar von den Vereinten Nationen aber nicht von allen Volksstämmen anerkannt. Hier wäre eine Neuregelung von Grenzen geboten.
Die in Berlin versammelten Agrarpolitiker ließen die Ursachen von Wasserknappheit und Überflutungen durch nicht regulierte Abholzungen weitgehend unreflektiert. Ein Dokumetarfilm über die Wiederaufforstung in Thailand hätte Anlass zur allgemeinen Diskussion geben können.
*“Food and Agriculture Organization of the United Nations(FAO)“
Fotos: Wernicke