Von Hans-Peter Kurr und Ariane de Melo
ARIANE de MELO hat einen schönen Erfolg zu verzeichnen: Der brasilianische Verlag „Selo Jovem“ hat soeben ihren Buch-Erstling unter dem Titel „Banshee – Os Guardiões“ (Banshee – Die Wächter) in São Paulo – in portugiesischer Sprache also – heraus und einen zweiten in Auftrag gegeben.
Ariane de Melo lebt in Hamburg, ist Buchautorin, Journalistin, Regisseurin und Schauspielerin aus Rio de Janeiro – eine originale Carioca also – in Hamburg –verheiratet – lebend, literarisches Deutsch akzentfrei sprechend, in zwei Sprachen schreibend. So schreibt sie inzwischen auch für die „Die Auswärtige Presse e.V.“ in Hamburg.
Im ersten Roman, der im Jahr 2015 auch in ihrer Wahlheimat Deutschland erscheinen soll, fabuliert die Autorin (geplant ist eine dreibändige Ausgabe) über eine junge, an Schizophrenie erkrankte, Frau, die sich auf den – der Erde sehr ähnlichen – Planeten Banshee träumt, wo sie der Bruderschaft Maleficus Animus begegnet, die – symbolisch – für die drei großen Weltreligionen Christentum, Judentum und Islam stehen. Als Großkönigin dieses – im wahrsten Sinne – fantastischen Planeten, muss sie um die Rettung der Liebe im Universum kämpfen.
Aus Anlass ihres publikatorischen Erfolges geben wir der Kollegin de Melo hier die Möglichkeit, über Probleme mit Literaturrezeption, Büchervermarktung und weiteren kulturpolitisch relevanten Fragen in ihrem Heimatland zu berichten.
Hier ihr Beitrag:
Ariane de Melo
Die Brasilianer sind im Ausland für ihre Gastfreundschaft, Fröhlichkeit und Toleranz bekannt; und doch, wir sind gastfreundlich und fröhlich, letzteres jedoch stimmt leider nicht. Insbesondere, was uns selbst als Volk betrifft, nicht. Ich wuchs in einem Land auf in dem es „richtiger“ ist, alles zu verehren, was von außen kommt und alles zu verachten, was drinnen produziert wird; darunter leidet am meisten die brasilianische Literatur.
Als brasilianischer Buchautor hat man es in Brasilien wirklich sehr schwer: Wir werden partout abgelehnt. So lernen wir es, als potenzielle Leser, gleich im Kindergarten. Es sind Sachen wofür wir nichts können, es ist eingefleischt, es gehört zu unserer Kultur dazu. Wir sind davon überzeugt, weniger zu können – in allen beruflichen Zweigen – als die Menschen, die in anderen Ländern geboren wurden. Es ist wie ein Minderwertigkeitskomplex, von dem wir bewusst nichts wissen.
Die Wahrheit aber sieht anders aus. Wir haben große Schreiber auch bei uns zu Lande, wie zum Beispiel Machado de Assis, José de Alencar, Cora Coralina, Jorge Amado e João Cabral de Melo Neto. Er zählte sogar zu den möglich-zukünftigen Literatur Nobelpreisträgern! Also, der „Hass“ gegen unsere literarischen Werke, liegt keineswegs daran, dass wir untalentierter sind als die Kollegen aus den USA oder Europa. Es liegt daran, dass wir glauben, dass es so ist. Oder glauben wollen. Glücklicherweise nicht alle.
Kürzlich wurde ich von der Bloggerin Francine Porfirio eingeladen, Teil des Projekts „Eu Valorizo a Literatura Nacional (zu Deutsch: Ich schätze die nationale Literatur)“ zu werden. Das Projekt ins Leben gerufen hat die neuzehnjährige Studentin Daniela Martins Fonseca, die ebenfalls Bloggerin ist. Als ich sie fragte, was sie damit beabsichtige, erzählte sie mir, dass Brasilien sehr gute neue Autoren hat, die die Wenigsten kennen. Sie wolle diese unterstützen, denn sie hätten es verdient. Dabei ist sie nicht allein, mittlerweile gehören sechzehn Blogs zu dem Projekt und um es zu fördern, machen sie u.a. Verlosungen von Bücherexemplaren, der so genannten „Partner-Autoren“, zu denen auch ich gehöre.
Mich hat die Einladung, die ich selbstverständlich annahm, sehr glücklich gemacht. Noch glücklicher bin ich aber über die Tatsache, dass es so viele junge Brasilianer gibt, die an uns als Schriftsteller glauben. Das macht mir Mut. Ich habe durch solche Projekte die Hoffnung, dass diese Generation, die mit der offenen Welt des Internets aufgewachsen ist, den Kopf doch noch öffnen und sich von diesen unbegründeten Vorurteilen befreien kann. Ich hoffe, dass sie sieht und akzeptiert und auch glaubt, dass die Qualität einer – hier, literarischen – Arbeit, an dem Talent und an dem Eifer, mit dem jeder Einzelne arbeitet, liegt, und nicht an seiner Herkunft.
Ich bedanke mich bei Hans-Peter Kurr und bei der DAP für diese einmalige Gelegenheit, über die literarische Situation meines Heimatlandes zu sprechen. Ich werde alles tun, was mir meine Möglichkeiten erlauben, um dieses Projekt zu seinem Durchbruch zu verhelfen, denn Brasilien hat doch seine Perlen; und außerdem haben die Kinder dieses so sonnigen Landes, deren Platz in der Sonne sehr wohl verdient.