Dieser Artikel erschien in der August 2016-Nummer des Deutschen Ärzteblattes
von Uta Buhr
Wie haben wir uns doch immer auf ein neues Buch von James Krüss gefreut!
Die Lektüre war so spannend, dass keiner sie aus der Hand legen wollte, bevor nicht die letzte Zeile gelesen war. Besondere Leckerbissen: „Der Leuchtturm auf den Hummerklippen“ und „Timm Thaler.“ Beide wurden schon an den ersten Ferientagen verschlungen mit dem innigen Wunsch nach mehr Geschichten des Schriftstellers.
Auch die Hommage des gebürtigen „Hallunders“ James Krüss an seine Heimat Helgoland ist bis heute unvergessen: „Irgendwo ins grüne Meer hat ein Gott mit leichtem Pinsel, lächelnd wie von ungefähr, einen Fleck getupft, die Insel.“ Diese in Versform geschriebene, mit zauberhaften Skizzen des Autors selbst bebilderte Chronik stammt aus den Schicksalsjahren 1945-1946 – James Krüss war keine zwanzig Jahre alt –, als der rote Felsen völlig zerstört und bar jeglichen Lebens war. Die 2500 Insulaner waren in alle Winde zerstreut, und die britische Luftwaffe nutzte Helgoland als Übungsplatz für Bombenabwürfe, die das Gesicht des Eilands völlig veränderten. Es besteht seitdem aus Unter-, Mittel- und Oberland, letzteres bequem mit dem Fahrstuhl zu erreichen.
James Krüss, der bis 1944 bei der Luftwaffe gedient hatte, ließ sich in den Nachkriegsjahren zum Volksschullehrer ausbilden und zog nach München um. Hier freundete er sich mit Erich Kästner an, der sein schriftstellerisches Talent auf Anhieb erkannte und ihn zum Schreiben ermutigte. Sein erstes Buch „Der Leuchtturm auf den Hummerklippen“ erschien 1952 und etablierte James’ Ruf als einfühlsamer Kinderbuchautor. Richtig berühmt wurde er vier Jahre später, als er innerhalb der „Tagesschau“ Passagen aus seinem Werk „Mein Großvater und ich“ vorlesen durfte. An die 160 Bücher hat Krüss im Laufe seines Lebens verfasst, darunter „Der wohltemperierte Leierkasten“ und „Alle Kinder dieser Welt.“ Nie hat der Mann mit dem ansteckenden Lachen seine Vision von einer besseren Welt aus den Augen verloren, auch in seinen zahlreichen Hörspielen, Gedichten und Schlagertexten nicht. 1966 zog es James Krüss auf die spanische Insel Gran Canaria, wo er 1997 im Alter von 71 Jahren verstarb. Seine Asche aber wurde auf seinem geliebten Helgoland verstreut. Ein James-Krüss-Museum gibt es selbstredend auch. In einer grellbunt bemalten Hummerbude auf einem schon vor Jahren geschaffenen Museumshof wird das umfangreiche Werk des Autors präsentiert.
Den 90. Geburtstag des Autors am 31. Mai begeht Helgoland mit einer Reihe von Veranstaltungen. Im gerade eröffneten „Hotel auf den Hummerklippen“, einem Haus mit herrlichem Blick auf die Nordsee, findet bereits am 28. Mai eine Lesung mit Kirsten Rickmers-Liebau statt. Sie ist eine Nichte von James Krüss und eine sehr intime Kennerin seines Werks. Aus welchem Buch sie lesen wird, bleibt bis zum Schluss ihr süßes Geheimnis. Die Zuhörer können sich auf ein kleines, sehr feines Haus mit nur 13 Zimmern freuen, von denen jedes einen Bezug zur Literatur hat und das – ergo – auch als Zentrum schöngeistiger Literatur konzipiert ist. Ein besonderes Flair und den Duft nach Tee und selbst gebackenem Kuchen verströmt der „Timm-Thaler-Raum“, der den Gästen als Frühstückszimmer dient. Ein großes „James-Krüss-Kinderfest“ ist für den 20. August geplant, auf das sich nicht nur der Nachwuchs freut. „Jedes Kind muss einmal erwachsen werden. Und jeder Erwachsene war einmal ein Kind. Wir wollen die Geschichten also für beide gleichzeitig erzählen“, schrieb James Krüss einst in seinem Buch „Die glücklichen Inseln hinter dem Winde.“ Dieses Bekenntnis gilt bis auf den heutigen Tag.