Von Johanna R. Wöhlke
Mit dem Museumzug durch Bergen
Bahn fahren in alten Zügen und Museumszügen, das ist an vielen Orten dieser Welt möglich. Da gibt es viele Möglichkeiten einzusteigen und nostalgischen Träumen nachzugeben – für die Dauer einer eindrucksvollen Fahrt mit oder ohne Dampf. Wer zum Beispiel schon einmal in Deutschland mit der Brockenbahn im Harz auf den Brocken gefahren ist – und im Sommer vor lauter Gästen keinen Sitzplatz mehr bekam – der weiß, welch besondere Faszination von diesen alten Zügen ausgeht.
Wir können uns nicht mehr vorstellen, in solchen Zügen lange Reisen zu unternehmen. Aber wir unternehmen gerne in unserer freien Zeit Fahrten in die Vergangenheit und erinnern uns an alte Ingenieurkunst, an Anfänge, Mühen und Plagen – denn die waren mit dem Betrieb alter Bahnen und Züge verknüpft und: Wir profitieren von der Liebe anderer zu diesen alten Bahnen!
Ohne Menschen, die sich diesen Bahnen als Hobby verschrieben haben, geht es nämlich nicht. Die „alten Eisenbahner“, es gibt sie noch, überall auf dem Globus, und auch junge Menschen begeistern sich für dieses Hobby. Sie vergessen nicht und ihre Erinnerung, ihr Nichtvergessen und ihre Liebe zur Bahn ermöglichen es uns „Touristenbürgern“ immer wieder, unvergessliche Stunden in den bewunderten Ungetümen aus alter Zeit zu erleben: im Schwall des Dampfes der Lokomotive, auf harten Bänken und luftigen Austritten, durch unwegsame Berghöhen und Täler.
So auch bei den „Gamle Vossebanen“ in Bergen in Norwegen. Wir steigen in der Station Midttun ein und machen uns für ungefähr eine Stunde auf den Weg nach Garnes am Rande des Soerfjorden. Der Norwegische Eisenbahnverein „Gamle Vossebanen“ betreibt hier seit 1993 diese Museumsbahn entlang des Soerfjords gebenüber der Insel Osteroey.
Seit 1883 fuhr hier eine Schmalspurbahn von Bergen nach Voss. Fünf Tunnel mussten gesprengt werden, der längste mit 258 Metern. Es folgte der Umbau zur Normalspur im Jahr 1904 und die Elektrifizierung 1954, denn die Anzahl der Reisenden war hoch, um 1900 jährlich etwa 500 000 zwischen Bergen und Nesttun. Die Gamle Vossban wurde dann auf einem Teilabschnitt eingerichtet, der seit 1964 nach dem Bau eines Tunnels nicht mehr für den Personenverkehr benutzt wurde.
So schlug 1993 die Stunde der alten Dampflok aus der Baureihe 18c, die nun vom Norsk Jernbaneklubb ( NJK) regelmäßig als Museumszug eingesetzt wurde. Eine Gebirgslokomotive mit 865 PS, eine schwarze Schönheit! Das Leben der alten Züge war nicht vorüber, ihr „Dampf“ nicht ausgehaucht. Die alten Waggons aus Teakholz der Norwegischen Eisenbahn NSB aus den zwanziger Jahren wurden aufpoliert und in Betrieb genommen.
Wer heute in Garnes ankommt und den Blick mit der wunderschönen Aussicht auf den Soerfjorden zwischen alten und reparaturbedürftigen Waggons auf den Abstellgleisen gleiten lässt, der ahnt nicht nur, der weiß: Nostalgie und Eisenbahn, das bedeutet neben Emotion und Liebe zur Sache eines: Arbeit, Arbeit, Arbeit im Ehrenamt. Deshalb war es an diesem Tag genauso interessant, sich die alten Waggons anzusehen wie auf dem alten Bahnhof einige Schritte zu gehen, zu verweilen, zu schauen, im Bahnhof nach kleinen Souvenirs zu schauen, ehe der Bus uns wieder nach Bergen zurück brachte.
Vom Charme des Verfallenen zu reden, trifft es nicht ganz und doch ist es auch das. Hier steht gelebte Zeit und Geschichte, hautnah, dokumentiert in alten, mehr oder weniger verfallenen Waggons. Wann die wieder in Stand gesetzt werden? Die Antwort scheint klar: Wenn die Liebe der „alten Eisenbahner“ und gespendetes Geld es ermöglichen werden.
Zwischen dem 17. Juni und 9. September gibt es sonntags regelmäßige Fahrten zwischen Garnes und Midttun, die etwa eine Stunde für eine Fahrt dauern. Der NJK ist Mitglied des „Norsk Museumsforbund“ und der „European Federation of Museum & Tourist Railways“. Informationen unter: Museet Gamle Vossbanen, postbooks 638, 5807 Bergen ( Norwegen), Tel: (+47)9008 3367. Homepage des Norsk Jernbaneklubbs: http://www.njk.no/index.php/gamle-vossebanen-tog-i-vesterled
Fotos: Johanna R. Wöhlke
Weitere Fotos zum Bahnhof in Garnes auf www.jrwoehlke.de