Im Reich der Ottifanten

Dat Otto Huus in Emden

Von Uta Buhr
Otto Huus in Emden
„Wenn du mal denkst, denk ottifantisch!“ Was bleibt dem Besucher vom Otto Huus in Emden auch anderes übrig? Otto, das Urbild aller Ostfriesen, hat das Erdgeschoß bis in den letzten Winkel mit Ottifanten vollgestopft. Sein gerüsseltes Wappentier auf  Bechern, Geldbörsen, Notizbüchern und Mauspads! Ein besonders prächtiges Exemplar der Spezies springt einem bereits aus der roten Backsteinfassade entgegen. Es sind Fälle von Kindern überliefert, die nach dem Besuch des Otto-Museums vor dem Einschlafen statt Schäfchen nur noch Ottifanten zählen wollten.

Eltern seien gewarnt. Halten Sie Ihren Nachwuchs fest. Denn die Otto Devotionalien im Fanshop sind heiß begehrt und können Sie teuer zu stehen kommen. Der neueste Hit ist das T-Shirt mit der Aufschrift von der Hand des Meisters in perfektem Englisch: WI AHR SE SCHÄMPJENS. Und auch Ottos süßeste Versuchung, die Ottifanten-Marzipantorte, geht weg wie warme Semmeln. Besonders dann, wenn der Hausherr höchstselbst bedient, was gelegentlich vorkommt.

erste Stock

Der in mystisches Halbdunkel getauchte erste Stock des schmalbrüstigen Hauses gewährt Einblicke in Ottos bewegte Biografie. Da ist zunächst das vergilbte Foto aus Konfirmandentagen. Ein ernstes, sensibles Gesicht unter akkurat gescheiteltem Blondhaar schaut unverwandt aus dem Rahmen. Echt ätzend, nörgeln zwei Teenager. Der kleine Friesenjunge sah ja aus wie ein Streber! Die übrigen Jugenderinnerungen stimmen sie wieder versöhnlich: Ottos erste Bartstoppeln, die man mit der Lupe suchen muß, und Ottos erster selbst verdienter Heiermann aus dem Jahre 1963. Auch Ottos erstes Kaugummi können wir bewundern. Es ruht wie ein graues Fossil in einer Vitrine und erinnert fatal an seinen Ottifanten. Es liegt nahe, daß er sich einst davon hat inspirieren lassen.Schranke im OTTO HUUS

Im Otto Huus tönt des Blödelbarden Stimme aus allen Ecken. Ottos salbungsvoller Predigt an seine Gemeinde folgt nahtlos ein Zitat aus dem „Buch der Friesen“, in dem geschrieben steht, daß auch Du Deine Heimat lieben sollst. „Und meine Heimat ist nun einmal Emden. Und deswegen steht mitten in der Stadt dat Otto Huus.“ Der Raum quillt über mit  kuriosen Exponaten. Hat Otto vielleicht diese zerkratzte Schulbank gedrückt, und stellen die beiden langnäsigen Puppen mit dem krähenden Säugling im Arm ihn und seine Eltern dar? Ein kleiner Junge hat gerade Ottos Toilette entdeckt. Quietschend öffnet sich die mit einem neckischen Herzchen verzierte Tür und gibt den Blick frei auf den Helden, der auf dem Thron hockt und in die bunte Bilderwelt von Frauenmagazinen vertieft ist.  Um ihn herum an den Wänden die Elogen von „Spiegel“ und „Stern“, die Otto genüßlich in der Unterhose vorführen.

Bekennende Ottomanen lieben  dieses Sammelsurium. Gelegentlich verirren sich auch Ottophobe ins Haus, die all dem gar nichts abgewinnen können und nur dumme Witze reißen. Eine Kostprobe gefällig? „In Amerika ist dieTodesstrafe abgeschafft worden. Ersatz: Drei Jahre Ostfriesland – inklusive Otto.“ Ein solches Gesetz würde Otto natürlich begeistern. Denn der Delinquent erhielte die einmalige Chance, sechsunddreißig Monate lang täglich Dat Otto Huus zu besuchen und dabei ottifantische Tugenden zu erwerben.

Otto als HampelmannEin lebensgroßer ottonischer Hampelmann mit strohgelben Spaghettihaaren weist den Weg zum Olymp des Hauses. Im zweiten Stock direkt unter dem Dach hat Götterbote Otto einen richtigen Kinosaal eingerichtet – ein prachtvolles Relikt aus den seligen sechziger Jahren mit knarzenden  Klappsesseln und einer von verschossenen roten Samtvorhängen gerahmten Leinwand. Darauf jagt ein Sketch den anderen: Otto  im  weißen Hemd mit schwarzen Hosenträgern als Pirouetten drehende Balletteuse, in der Rolle eines mit Narrenkappe gekrönten Mainzer Karnevalisten und als strippender Lehrer. Das Publikum amüsiert sich köstlich. Es  sieht und hört Otto immer wieder gern, selbst wenn manche seiner Gags schon einen Bart haben. Ringsherum sind seine vielen, garantiert echten Preise ausgestellt – Goldene Schallplatten, Platinscheiben und Bambis. In großen Schränken ruhen zahlreiche Requisiten aus seinen Filmen. Leider ist der Raum nicht besonders  gut ausgeleuchtet. Was wohl daran liegt, daß es im Haus  nur zwei Mitarbeiter gibt. Denn wieviele Ostfriesen benötigt man, um eine Glühbirne einzuschrauben? Drei! Einen, der die Birne hält und zwei, die die Leiter drehen!

Doch Spaß beiseite.  Bevor Dat Otto Huus schließt, möchten wir noch wissen, wie Komiker Otto denn privat so ist. Ulla Müller, eine waschechte Friesin und seit fast zwanzig Jahren Hüterin des Otto-Schatzes, gibt bereitwillig Auskunft. Ihr Chef ist ein prima Kerl, unkompliziert und stets gutgelaunt, schwärmt die blonde Frau. Und was uns besonders freut: Otto besitzt neben all seinen künstlerischen Qualitäten auch noch ein Herz aus purem Gold. Ein Teil des Erlöses aus den Eintrittskarten seines Museums (Erwachsene zahlen 2 Euro, Kinder bis 12 die Hälfte) und dem Fanshop  geht an karitative Einrichtungen.

PS: Wer nun von Otto gar nicht genug bekommen kann, richte seine Schritte gen  Transvaal. In diesem biederen, etwa zwei Kilometer vom Otto Huus entfernten Emder Stadtteil erblickte er vor achtundfünfzig Jahren das Licht der Welt. Und als kleines Dankeschön dafür, daß ihn seine Nachbarn lange Jahre klaglos ertragen haben, schenkte er ihnen ein Denkmal. Es stellt seine liebsten Verwandten dar: Zwei sich küssende Ottifanten aus Bronze.

Dat Otto Huus
Große Straße 1
26721 Emden
www.ottifant.de
Tel. 04921 / 221 21 Öffnungszeiten: Mo. – Fr. 9.30 – 18.00 Uhr, Sa. 9.30 – 13.00 Uhr,    So. 10.00 – 16.00 Uhr  (von Januar bis März geschlossen)