Online-Magazin der Internationalen Journalisten-Vereinigung Hamburg
Fünf Bäume in Israel
„Wer nur ein einziges Leben rettet, rettet die ganze Welt“
Von Michael Buschow
Nationalfonds
Es gibt Menschen, über die immer wieder kontrovers diskutiert wird. Eine dieser Personen ist Felix Graf von Luckner, bekannt als der „Seeteufel“, der mit seinem Segelschiff „Seeadler“ im Ersten Weltkrieg auf Kaperfahrt ging.Dieser Mann war genau aus dem Holz geschnitzt, das dem nach Vorbildern dürstenden deutschen Volk 1918 Idole und Helden bot. Natürlich gefiel sich Luckner auch in der Rolle des umjubelten, weitgereisten Gentleman-Seehelden und nicht zuletzt bestritt er seinen Lebensunterhalt dank seiner Popularität in Form von Büchern, Autogrammkarten und Vorträgen. Er als Prominenter mußte spätestens ab 1933 im sogenannten „Tausendjährigen Reich“ unweigerlich über kurz oder lang in direkte Berührung mit den braunen Machthabern kommen, die sich bekanntermaßen gerne mit „Helden“ aus Krieg, Sport und Kultur umgaben. Kaum ein Deutscher konnte sich dem NS-Staat entziehen. Es galt für viele sich anzupassen, nur um in Ruhe gelassen zu werden. Nein, ein „Heiliger“ war Felix Graf Luckner nicht, auch kein Widerstandskämpfer und man könnte ihm wie auch anderen die zeitweise Nähe zu Personen des NS-Regimes vorwerfen. Aber sein ganzes Leben lang handelte er oft spontan, manchmal unüberlegt naiv und ohne auf negative Konsequenzen für sich zu achten.
Er war einfach so und blieb im Grunde immer der, der er einst war- ein einfacher und hilfsbereiter Matrose „vor dem Mast“ auf einem Windjammer- ein Kamerad.Ein für Luckner typisches wenn nicht gar bezeichnendes Ereignis fand Ende 1943 im zerbombten Berlin statt. Der Graf, mittlerweile bei den NS-Oberen in Ungnade gefallen (Sonder-Ehrengericht), spazierte nach einem Bombenangriff der Alliierten durch die Trümmerwüste der Reichshauptstadt, als ihn eine Frau direkt ansprach, sich als bisher versteckt lebende Jüdin (Rose –Röschen- Janson geb. Linhardt, geb. 16.10.1885 in Basel) zu erkennen gab und ihn mit den Worten: „Ich bin Jüdin, meine ganze Familie haben sie schon abgeholt, -jetzt bin ich an der Reihe“ * um Hilfe bat.Nach eigener Aussage gab der Graf dieser vor Angst schlotternden Frau einen von ihm gerade in den rauchenden Ruinen spontan aufgelesenen Ausweis auf den Namen Frieda Schäfer. Nicht nur das – er nahm die Frau und führte sie – „zu einer guten Bekannten, deren Wohnung die SS als eine Art Privatlokal beschlagnahmt hatte“*. (*Zitate aus dem Buch: Aus siebzig Lebensjahren-Koehler Verlag 1955).
Und hier, direkt unter den Augen der SS also, brachte Graf Luckner die Jüdin, die sich nun Frieda Schäfer nannte als Küchenhilfe unter! Das bewahrte sie vor dem Konzentrationslager und rettete fraglos ihr Leben.Bei Luckners zweiter Nachkriegsreise in die USA 1949 während eines Vortrages in der deutschen St.Pauls Kirche in New York, überraschte ihn diese Frau, die 1948 einen GI geheiratet hatte und in die Staaten ausgewandert war mit einem persönlichen Dank an ihren Lebensretter. Luckner erhielt 1951 einen Brief von ihr und 1959 schließlich, während der NBC-Fernsehsendung „This is your life“ traf der Graf ein letztes Mal auf Frieda Schäfer, die ihm vor dem Publikum und laufenden Kameras um den Hals fiel.
Luckner
Mag sein, daß den damaligen Vorsitzenden des Direktoriums des Zentralrates der Juden in Deutschland Prof. Dr.med. Herbert Lewin diese „Anekdote“ aus Luckners Leben veranlasste, dem Grafen 1966 posthum fünf Bäume im „Thomas Mann Wald“ in Israel als Erinnerung zu pflanzen. Auf jeden Fall war sich Prof. Lewin bewußt, wen er in der Urkunde des Jüdischen Nationalfonds als „bewährten Freund Israels“ bezeichnete. Und sicher ist auch, daß in den Nachkriegsjahren nur wenigen Deutschen diese Ehrung verliehen wurde.
Man kann heute über Graf Luckner geteilter Meinung sein, aber historische Fakten und Dokumente lassen sich nicht verleugnen.
-Jüdischer Nationalfonds (Keren Kajemeth Lelsrael)-1901 auf Initiative von Theodor Herzl als vorbereitende Organisation für eine jüdische Heimstätte (Staat) in Palästina gegründet.
Ehrenhaine in Israel wurden nach Martin Buber, Thomas Mann und Hermann Hesse benannt. Dort gepflanzte Bäume ehren Menschen, die Juden halfen zu überleben.
-Prof.Dr.med. Herbert Lewin (1899-1982), in den dreissiger Jahren Chefarzt d. Jüdischen Krankenhauses Berlin später des Israelitischen Krankenhauses Köln-Ehrenfeld. Häftling im
Konzentrationslager im Ghetto Lodz, Auschwitz-Birkenau, Oranienburg, Schwarzheide. Führte im Mai 1945 im Auftrag Konrad Adenauers einen Rücktransport Kölner KZ-Häftlinge.
Nach 1945 Chefarzt der Städtischen Frauenklinik zu Offenbach
1963-1969 Vorsitzender des Direktoriums des Zentralrates der Juden in Deutschland
2 Gedanken zu „Fünf Bäume in Israel“
Ein sehr berührender Bericht. Mir war Luckner aus Erzählungen als Tausendsassa und Abenteurer der Meere bekannt. Es ehrt ihn, dass er auch die Zivilcourage besaß, einem von den NS-Henkern bedrohten Menschen das Leben zu retten. Von solchen „Helden“ brauchen wir viel mehr!
Uta Buhr
Ein angenehm fundierter Beitrag eines ausgewiesenen Kenners der Biographie Luckners.
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Ein sehr berührender Bericht. Mir war Luckner aus Erzählungen als Tausendsassa und Abenteurer der Meere bekannt. Es ehrt ihn, dass er auch die Zivilcourage besaß, einem von den NS-Henkern bedrohten Menschen das Leben zu retten. Von solchen „Helden“ brauchen wir viel mehr!
Uta Buhr
Ein angenehm fundierter Beitrag eines ausgewiesenen Kenners der Biographie Luckners.