Von Uta Buhr
Wie ein feuriger Ball steht die Sonne über dem Großglockner und taucht die umliegenden Gipfel in blutrotes Licht. „Grandios“, freut sich ein Skiläufer und schießt ein Foto. „So eine Stimmung hat man nicht alle Tage.“ Die drei Skifexe aus Hamburg sind von Heiligenblut aus mit der Kabinenbahn zur Mittelstation Rossbach in 1752 Meter Höhe gefahren. Jetzt studieren sie erst einmal ihre Karte und legen den Plan für den Tag genau fest. Schade, meint der eine, dass sie nicht bis auf die Spitze von Österreichs höchstem Berg aufsteigen können. Der misst 3798 Meter. „Da oben wird die Luft schon ziemlich dünn“, warnt der Anführer, „und hier ist es doch auch ganz schön. Also – aufi geht’s!“
Die Skiregion Heiligenblut/Großglockner bietet jedem etwas, der gern auf Brettln steht. Pisten aller Schwierigkeitsgrade sind minuziös in die Karten eingezeichnet. „Ist doch ganz einfach“, erklärt Skilehrer Alois. „Die Blauen sind die Leichten, die Roten die Mittelschweren und die Schwarzen nur etwas für Profis.“ Und natürlich gibt es hier auch noch Abfahrten für Anfänger, die man früher einmal „Idiotenhügel“ nannte. „Naa,“ sagt Alois. „Oaner, der g’rad Skifahren lernt, ist doch koa Idiot. Seht’s mal den Kloanen da vorn. Der ist erst sechs und hat genau vier Stunden hinter sich. Der hat Talent. Aus dem wird noch mal was.“ Ein kleiner Junge im poppigen Skianzug und leuchtend blauem Sturzhelm wedelt gerade elegant den Hügel hinunter, angefeuert von einem stolzen Vater, der die Abfahrt seines Sohnes mit der Videokamera festhält.
Der Schareck in 2604 Meter Höhe ist ein ideales Skigebiet. Glänzender weißer Pulverschnee, soweit das Auge reicht. Ein Pulk gutgelaunter Menschen schnallt die Skier unter und saust in rasanter Fahrt die Pisten hinunter. Auf einem abschüssigen Hügel vollführen Boarder halsbrecherische Kunststücke. Inzwischen ist es Mittag geworden, und das Kleeblatt aus Hamburg verspürt Hunger. Unter einem strahlend blauen Himmel, an dem vereinzelt weiße Federwölkchen segeln, geht es zur Fleißalm, die mit einer zünftigen Jause aufwartet. Hans und Francoise, die Wirte dieses urigen Stadls abseits vom Trubel der populären Pisten, servieren frische Salate,
Gamsgulasch, hausgemachte Knödel und zum Abschluss einen selbst gebrannten Zirbenschnaps, der wohlig die Kehle hinunterrinnt. Während eines Sonnenbades auf der Terrasse entspinnt sich ein Gespräch: „Ja, sagt’s ammal, was verbreitet denn da eure Bildzeitung! Nie mehr Schnee“, meldet sich Hans. „Tod vieler Tiere wegen der Klimaveränderung. Also im Nationalpark Hohe Tauern wird’s halt immer Schnee geben. Und unsere Adler, Gämsen und Murmeltiere scheinen sich auch noch sehr wohl hier zu fühlen. Zugegeben, in diesem Jahr muss der Wintersportler scho a bisserl höher hinauf. Aber wart’s mal ab. Des kann noch alles kommen.
Diesmal a bisserl später. Letztes Jahr hatten wir einen sehr langen und schneereichen Winter.“ Hier oben in 1800 Meter Höhe ragen heuer auch ein paar graue Felsen aus der weißen Pracht, aber die Skibedingungen sind optimal, bestätigen die Nordlichter, und machen sich auf zur letzten Gondel, die in einer halben Stunde zurück zur Talstation Heiligenblut fährt.
In die Täler ist der Winter auch Mitte Januar noch nicht eingezogen. Grüne Wiesen breiten sich dort aus, wo sonst tiefer Schnee liegt. Und Fichten, Tannen, Kirchtürme und Dächer tragen nicht, wie üblich, eine weiße Pudelmütze. Dennoch, Heiligenblut zeigt sich auch so von seiner besten Seite. Hübsche Häuser, zum Teil mit rund umlaufenden Veranden, säumen die Straßen. Und wer den etwas abschüssigen Weg zum Dorfplatz hinaufsteigt, steht vor einer herrlichen alten Pfarrkirche aus dem 14. Jahrhundert. Bemerkenswert sind der reich vergoldete spätgotische Flügelaltar und die gotische Orgel. Religionslehrerin Maria führt ihre Gäste gern durch „ihre“ Kirche und breitet vor einem stets aufmerksam lauschenden Publikum einen bunten Bilderbogen von Geschichten und Legenden aus. Der Heilige Briccius, erzählt sie, brachte einst ein Fläschchen des Blutes Jesu hierher, das heute noch in einer Monstranz aufbewahrt wird: „Dort, wo ein Tropfen Blut auf die Erde fiel, sprossen aus dem steinigen Boden Kornähren.“
Zur Messe ist das Gotteshaus fast bis auf den letzten Platz gefüllt. Ein guter Tipp: Rechtzeitig kommen und während der Andacht die filigran geschnitzten Altarfiguren in ihren prächtigen bunten Gewändern betrachten. Es lohnt sich. Nach dem Kirchgang folgen weitere weltliche Freuden. Unter einer silbernen Mondsichel geht’s zum Snow-Rafting. Wie der Blitz gleitet der aufgeblasene Schlauch durch knirschenden Schnee den Berg hinunter. Eine Gaudi, die bei einem Absacker im Wirtshaus oder an der Hotelbar ihren Abschluss findet.
Am nächsten Morgen machen Gipfelstürmer sich in aller Frühe auf zu neuen Abenteuern. Tau glänzt auf den Wiesen, und ein leichter Dunst liegt über den Gipfeln der Berge. Von Flattach, dem kleinen Ort am Fuße des Mölltaler Gletschers, bringt die modernste und längste Gletscherbahn der Welt ihre Gäste in gerade einmal acht Minuten auf Kärntens höchstgelegenes Wintersportgebiet. Auch hier wieder einzigartige Abfahrten, die das Herz eines jeden Skiläufers höher schlagen lassen. Auf 3107 Meter Höhe genießt man einen herrlichen Panoramablick auf die umliegenden Berge und Täler.
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Hier oben brummt es. Mitglieder der polnischen Ski-Nationalmannschaft bereiten sich auf ihr Training vor, während einige Carver sich ins Getümmel der Pisten stürzen. „Bei uns trainieren die besten Ski-Nationalteams der Welt. Unser Gebiet garantiert Schneesicherheit von Oktober
bis Ostern“, sagt der Flattacher Skiguide stolz. „Sie werden sich ja selbst von der Qualität unserer Pisten überzeugen. Bei uns kommt jeder auf seine Kosten.“ Auch für Familien ist gesorgt. 15 km gepflegte Langlaufpisten erwarten sie neben geräumten Winterwanderwegen und rasanten Rodelbahnen. Das Gebiet auf und rund um den Mölltaler Gletscher ist ein
Winterparadies für Jung und Alt, geeignet für sämtliche Wintersportarten. Selbst ein Skikindergarten innerhalb der Skischule ist vorhanden, damit die Eltern sich im Tiefschnee auf ihren Brettln vergnügen können, ohne ständig Angst um ihren Nachwuchs haben zu müssen. Auch heute meint es Petrus wieder gut mit den Menschen am Berg. Die Sonne strahlt von einem wolkenlosen Himmel, und ein laues Lüftchen umschmeichelt Ski- und Boarding-Fans. Auch für Nicht-Skiläufer ist dieses Areal von großem Reiz. Die Gondelfahrt von der Mittelstation auf 2200 Metern bis Eissee in 2800 Meter Höhe führt vorbei an der Duisburger Hütte, die wie eine kleine Burg auf felsigem Grund steht, und öffnet einen grandiosen Blick auf steile schneebedeckte Hänge, schroffe Felsen und weite weiße Flächen. Das erst
vor einigen Jahren eröffnete Panorama-Restaurant lädt auf seiner Sonnenterrasse zur Rast ein. Hier kann man einen Liegestuhl mieten, die Seele baumeln lassen und sich mit den Schmankerln der österreichischen Küche verwöhnen lassen. Das Selbstbedienungsrestaurant bietet hauchdünne Wiener Schnitzel und köstlichen Kaiserschmarren.
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Gegen Abend verwaisen die Pisten. Jetzt beginnt die Stunde des Après-Ski. Die Bretter werden abgelegt, die Stöcke an die Wand gestellt und die Riemen der Sturzhelme gelockert. Ein hübsches Mädchen im Minirock stakst durch den Schnee, vorsichtig ein Tablett mit kleinen Gläsern balancierend. „An Schnapserl g’fällig?“ fragt sie. Da sagt Keiner nein. „Auf die G’sundheit“, tönt es von allen Seiten, während die Gläser kreisen. „Mädel, mach mal die Luft aus den Gläsern“, fordert ein gestandener Herr die Bedienung auf. „Oder lass am besten gleich die ganze Flasche da.“ Als der letzte Sonnenstrahl die Bergspitzen vergoldet, hat die Stimmung ihren Höhepunkt erreicht. In dieser gut gelaunten Runde könnte man noch stundenlang verweilen. Jammerschade, dass die letzte Gondel bereits um 16.45 Uhr ins Tal zurück fährt. Also Servus – bis zum nächsten Mal!
Weitere Auskünfte:
Skizone Hohe Tauern Kärnten
A-9843 Großkirchheim, Döllach 1
Telefon: 0043/4825-200 49, Fax: /200 49 – 4
E-Mail: wintererlebnis@nationalpark-hohetauern.at
www.nationalpark-hohetauern.at
Unterkunft:
Hotel Heiligenblut****
Winkl 46
A-9844 Heiligenblut
Telefon: 0043/4824-4111, Fax: /4111-88
E-Mail: office@hotel-heiligenblut.at
www.hotel-heiligenblut.at
Anreise: HLX bietet von verschiedenen deutschen Flughäfen mehrmals wöchentlich Flüge nach Klagenfurt an (ab Euro 19,90). Weiter mit dem Shuttle (Euro 20,–)