Spätmittelalterlicher Comic – Der Teppich von Bayeux

Dieser Artikel erschien am 13. November 2016 in SaS (Schleswig-Holstein am Sonntag)

von Uta Buhr

Andächtig verharren die Besucher des „Centre Guillaume le Conquérant“ (Zentrum Wilhelm des Eroberers) vor dem berühmten Bildteppich von Bayeux. Sie unterhalten sich im Flüsterton und schenken dem nunmehr 950 Jahre alten Kunstwerk bewundernde Blicke. Man kann eine Stecknadel zu Boden fallen hören. Als eine Gruppe zehnjähriger Schüler des nahe gelegenen Lyzeums den Saal betritt, verändert sich die Szene schlagartig. Eine frische Brise durchweht den musealen Ort. „Regarde, Denis, une bande dessinée“, ruft einer aus der Runde seinen Kameraden zu und weist begeistert auf die teilweise drastischen Darstellungen der Schlacht von Hastings, die im Jahre 1066 zwischen dem Normannenherzog Wilhelm (französisch Guillaume) und seinem Vetter, dem englischen König Harald ausgetragen wurde. Der Lehrer der Jungen zeigt sich leicht irritiert. Eine „bande dessinée“ – ein Comic – welche respektlose Bezeichnung für dieses monumentale, ehemals siebzig Meter lange Bildwerk, das in fast zehn Jahre langer mühevoller Arbeit von Ordensfrauen auf Leinen gestickt wurde. Doch die Schüler sind Feuer und Flamme. Manche versuchen sich sogar in der Übersetzung der lateinischen Texte unter den Darstellungen. Darüber freut sich der Lehrer. Er nimmt sich vor, die Geschichte des Teppichs, der 2007 von der UNESCO zum Weltkulturerbe ernannt wurde, in der nächsten Geschichtsstunde gründlich durchzunehmen.   Continue reading „Spätmittelalterlicher Comic – Der Teppich von Bayeux“