An der Spitze Elsass-Lothringens

Von Dr. Manuel Ruoff

vor 125 Jahren wurde Chlodwig Fürst zu Hohenlohe-Schillingsfürst des Kaisers Statthalter im Reichsland

Bevor Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst im Jahre 1894 Reichskanzler wurde, war er neun Jahre lang Statthalter des Kaisers in Elsass-Lothringen. Damit besaß er für das Reichsland weitgehende Vollmachten. Vor 125 Jahren begann seine Amtszeit in Straßburg.

Nach dem Erwerb Elsass-Lothringens von der Französischen Republik im Frieden von Frankfurt stand das Deutsche Reich vor der Frage, wie dieser territoriale Gewinn aus dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 zu integrieren sei. Als Alternativen standen der Anschluss an einen oder mehrere Bundesstaaten zur Diskussion. Die Wahl fiel jedoch auf die Schaffung eines eigenen Reichslandes mit dem Kaiser als Landesherren. Ab 1879 wurde der Kaiser während dessen Abwesenheit durch den Statthalter vertreten. Das sogenannte Ministerium übernahm die Funktion einer Regierung. An der Spitze des Ministeriums stand ein Staatssekretär. Die Ressortchefs hatten den Status von Unterstaatssekretären. Continue reading „An der Spitze Elsass-Lothringens“

Warten auf den Apfel…

Von Johanna R. Wöhlke

Gleich geht es rein...

Schlange stehen? Vor einem Geschäft warten? Das kennen wir nicht mehr. Das gehörte in Zeiten, in denen es nichts zu kaufen gab, in Zeiten, die schwer waren, bleiern, schlecht und hoffnungslos. Nachfrage ohne Angebot, Bedürfnis ohne Befriedigung – das erinnert uns Bundesbürger zwanzig Jahre nach der Wiedervereinigung auch an die Bananen, die es in der ehemaligen DDR nicht gab und die alle doch dort so gerne gegessen hätten. Allein – es gab sie nicht, wie es so vieles andere auch nicht gab.

Wir haben uns daran gewöhnt, alles immer dann zu bekommen, wenn wir es wollen. Die Geschäfte sind bis in die Nacht hinein geöffnet. Hunger auf eine gebratene Forelle um 9 Uhr abends? Kein Problem, die Forelle liegt im Tiefkühlfach des großen Supermarktes nicht weit von hier, und der hat noch lange geöffnet. Continue reading „Warten auf den Apfel…“

Spätestens in Auerstedt entzaubert

Von Dr. Manuel Ruoff

„Ich bin ganz entzückt von ihm, von seinen Talenten, seinem angenehmen Wesen.“ Das sagte niemand Geringeres als Friedrich der Große. Und der, dem diese lobenden Worte galten, war der älteste Sohn seiner Schwester Philippine Charlotte, Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig-Wolfenbüttel. In einer Ode feierte der Preußenkönig seinen Lieblingsneffen und General seiner Armee gar als Helden und verglich ihn mit großen Feldherren der Geschichte. Dieses überschwängliche Lob des Siegers der Schlesischen Kriege, der eigentlich eher für Hohn und Spott bekannt war, ließ den am 9. Ok­tober 1735 geborenen Karl Wilhelm Ferdinand nach Friedrichs Tod zum Hoffnungsträger Preußens werden und darüber hinaus als einen der größten, wenn nicht den größten Feldherrn seiner Zeit erscheinen.

So erreichten ihn Rufe aus den Niederlanden und selbst aus dem revolutionären Frankreich, aber er blieb der preußischen Armee treu, für die ihn sein Onkel bereits als junger Mann gewonnen hatte. Im Ersten Koalitionskrieg von 1792/93 erhielt er den Oberbefehl über die preußisch-österreichische Hauptarmee. In dieser Eigenschaft erließ er wenige Monate nach Kriegsausbruch das nach ihm benannte Manifest vom 25. Juli 1792, in welchem den Parisern für den Fall, dass sie es wagen sollten, ihrem König ein Haar zu krümmen, mit dem Schlimmsten gedroht wurde. Dieses Manifest erreichte das Gegenteil des Gewollten, indem es den Stand Ludwigs XVI. in seinem Land erschwerte. Der oberlehrerhafte Ton verleitete den Adressaten förmlich dazu, das Gegenteil des Geforderten zu tun. Zudem mussten sich Frankreichs Revolutionäre fragen, auf wessen Seite ihr König stand, wenn der Feind sich so vehement für diesen einsetzte. Continue reading „Spätestens in Auerstedt entzaubert“